Unser Gesundheitssystem auf gesunde Beine stellen

10. Februar 2019

Niederösterreich hat eine hervorragende Gesundheitsversorgung. Ist das so? Stimmt es dann, wenn wir nur das Wörtchen „noch“ einfügen? Da bin ich mir gar nicht mehr so sicher. Das Wissen um aktuelle und zukünftige Probleme ist durchaus vorhanden. Diese erstens zu benennen und dafür zweitens mutige Lösungen zu entwickeln – davon ist man noch weit entfernt.

Vor einem Jahr wurde seitens der Landeshauptfrau die „Landarztgarantie“ ausgerufen. Ein Jahr später sagt sie im ORF-Interview, diese „greift“. Bei nur einem einzigen Anwendungsfall in ganz Niederösterreich, der auch nur eine geringe Abfederung der Überlastung eines Hausarztes im Bezirk Scheibbs ist, ist diese Aussage entweder bewusst irreführend oder ignorant. Beides ist einer Landeshauptfrau nicht würdig.

Das Berufsbild der Allgemeinmediziner_innen speziell im ländlichen Raum befindet sich im Umbruch. Vorbei ist’s mit dem Idealisten, der 24 Stunden, 7 Tage die Woche verfügbar ist im Abtausch mit dem hohen Ansehen im Ort. Innerhalb der nächsten 10 Jahre erreicht rund die Hälfte der Ärzt_innen im niedergelassenen Bereich das Pensionsalter, die nachrückende Generation Y hat andere Vorstellungen vom Leben und die Gesundheitsversorgung andere Möglichkeiten.

Es wird also nicht damit getan sein, dass man mit mehr vom selben die Probleme von morgen löst. Soll heißen, dass man mit einer Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsplätze bei der vom Land direkt oder indirekt gesponserten Landsteiner Privatuniversität diesen Wandel nicht aufhalten wird.

In der Primärversorgung kommt der Vernetzung der Gesundheitsberufe eine besondere Rolle zu: Regional, interdisziplinär und digital – zwischen den Ärzt_innen ebenso wie mit anderen Berufen wie Apotheker_innen, Pflegekräften, Psychotherapeut_innen, Sozialarbeiter_innen, Rettungsdiensten etc. Digital mit einem elektronischen Zugriffssystem, das diesen Namen auch verdient, mit neuen Technologien und Prozessen.

Schaut man sich die Rechnungshofberichte über die NÖ Kliniken an, fallen steigende Wartezeiten bei einzelnen Therapien und Eingriffen und sinkende Auslastungen in den Spitälern auf. Die jüngste vom Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker losgetretene Debatte um niederösterreichische Krebspatient_innen, die zunehmend in Wien behandelt werden müssen, irritiert in diesem Zusammenhang ebenfalls. Geht es dem Stadtrat vorrangig um die Kostentragung, so stellt sich dem interessierten Beobachter die ebenfalls wichtige Vertrauensfrage: Wohin wendet sich eine ernsthaft erkrankte Person z.B. aus dem Wiener Speckgürtel und warum?

Wir stehen also vor der Herausforderung, eine effiziente Primärversorgung in greifbarer, Spitzenmedizin in erreichbarer Nähe zu haben. Das Maß der Entfernung darf hier unterschiedlich sein. Denn wichtiger, als dass jeder Bürgermeister sein Spital behalten muss, ist, dass das Personal in den Spitälern nicht nur vorhanden, sondern durch entsprechende Fallzahlen auch spezifisch trainiert ist.

Die Finanzierung der Gesundheitsversorgung ist immer auch der Knackpunkt
. Die Lebenserwartung steigt, die demografische Entwicklung gerät gerade in eine Schieflage, die gesunden Lebensjahre sind in Österreich im Vergleich z.B
. mit den skandinavischen Ländern nicht berauschend hoch. In den Landesbudgets ist auch sehr schnell klar, wo die Musik spielt. Und gerade weil uns die solidarische Gesundheitsversorgung ein Anliegen sein muss, ist die Frage der Finanzierung eine ganz zentrale. Mit der Entlohnung von Leistungen, mit der finanziellen Ausstattung von Einrichtungen und mit Beitragszahlungen steuert man die Patientenströme. Das ist okay, so lange die Patientenströme sinnvoll gesteuert werden: Was braucht der/die Patient_in und wo bekommt er/sie das in bestmöglicher Weise? Die sogenannte duale Finanzierung (Krankenkassen für den niedergelassenen Bereich, Länder für die Kliniken) führt zu strukturellen Ineffizienzen. Auch das weiß man, ist aber bislang kein Thema, das anzugehen sich die Verantwortlichen (zu)trauen.

Es wird uns aber letztendlich nichts anderes übrig bleiben, damit nicht buchstäblich wahr wird, was es sprichwörtlich schon ist: Gesundheit ist unbezahlbar.

Wir von NEOS Niederösterreich erarbeiten zur Zeit unter Einbindung von Expertinnen und Experten aus dem Gesundheitssystem ebenso wie von interessierten Bürgerinnen und Bürgern, wie die Gesundheitsversorgung in Niederösterreich auf gesunde Beine gestellt werden könnte. Wir wollen abseits von Garantien, die spätestens nach der eigenen Amtszeit nicht mehr halten werden, dass JETZT die Weichen für eine gesunde Zukunft der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher gestellt werden.

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