Primärversorgung in
Niederösterreich:
Eine verpasste Chance?

20. Februar 2025

Die Primärversorgung spielt eine entscheidende Rolle für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, insbesondere in ländlichen Regionen. Doch trotz der dringenden Notwendigkeit scheitern in manchen Gemeinden Niederösterreichs zukunftsweisende Gesundheitsprojekte an Einzelinteressen, Kommunikationsproblemen und politischem Stillstand. Ein aktuelles Beispiel aus meiner Heimatgemeinde im Wienerwald zeigt, wie schnell eine medizinische Erfolgsgeschichte ins Wanken geraten kann. Hier die Story dazu.

Erfolgreicher Aufbau eines Primärversorgungszentrums

Nach langer Suche nach Nachfolgern für zwei in Pension gehende Hausärzte konnte ein engagiertes Ärzteteam für die Gemeinde gewonnen werden. Mit viel Einsatz und professioneller Planung wurde ein Ärztezentrum aufgebaut, das 2023 in eine Primärversorgungseinheit (PVE) umgewandelt wurde. Mit langen Öffnungszeiten (werktags von 8-20 Uhr, montags bis 16 Uhr, Bereitschaftsdienste an Wochenenden und Feiertagen) und einem Team von 30 medizinischen Fachkräften wurde eine Gesundheitsversorgung geschaffen, die weit über die Gemeindegrenzen hinaus geschätzt wird. Die PVE ermöglichte auch eine Abrechnung der Kinderärztin über das Kassensystem, was sie zu einer wertvollen Anlaufstelle für Familien machte.

Streit um den Standort: Neubau oder Stillstand?

Im Jahr 2024 stand ein notwendiger Neubau des Primärversorgungszentrums zur Debatte. Der geplante Standort war jedoch aus finanziellen und technischen Gründen nicht realisierbar. Eine Alternative bot sich auf einem zentral gelegenen Grundstück (gewidmet als Bauland-Kerngebiet Aufschließungszone), das seit Jahrzehnten Teil von Diskussionen um eine Aufschließung war.

Die Eigentümerin des Grundstücks war bereit, Platz für die PVE bereitzustellen, wollte jedoch zusätzlich Wohnungen errichten. Es wurde eine reduzierte Bebauung mit maximal 310 Wohneinheiten und einer Infrastrukturunterstützung für die Gemeinde in drei Bauphasen über 15 bis 20 Jahre diskutiert.

Eskalation durch Kommunikationsprobleme

Doch statt transparenter Diskussionen entwickelte sich ein Bürgerstreit: Der Bürgermeister kommunizierte kaum aktiv und informierte über veraltete Kanäle wie schriftliche Gemeindeaussendungen. Eine Bürgerinitiative mobilisierte über einen Initiativantrag Tür-zu-Tür-gehend, über Social Media, insbesondere auf YouTube und Facebook. Die Eigentümerin und das Ärzteteam organisierten eine Informationsveranstaltung mit Livestream, um Aufklärung zu leisten.

Die seitens des Bürgermeisters unterschätzte entstehende Dynamik und die sehr unterschiedlichen Kommunikationswege beförderten Gerüchte, Misstrauen und falsche Annahmen. Bei einer Volksbefragung mit über 70% Beteiligung sprach sich eine Mehrheit von 57% gegen die Aufschließung des Grundstücks aus.

Folgen der Entscheidung: Ein Rückschritt für die Gesundheitsversorgung?

Mit der Ablehnung der Aufschließung droht der Gemeinde ein gravierendes Problem: Ohne einen geeigneten Standort könnte das Primärversorgungszentrum in eine Nachbargemeinde abwandern oder stark eingeschränkt werden.

Die Alternative? Die Rückkehr zu einer unzureichenden Versorgung durch nur zwei Hausarztpraxen mit jeweils 20 Wochenstunden Öffnungszeiten, keine kassenkinderärztliche Versorgung mehr. Gleichzeitig zeigt sich, dass eine Gemeindeführung ohne proaktive Kommunikation und eine langfristige Vision in Zeiten des Wandels nicht bestehen kann. Sie bekam dafür bei den Gemeinderatswahlen die Rechnung präsentiert.

Es ist nicht nur meine Meinung und die der NEOS: Niederösterreich braucht mehr Mut zur Zukunft. Denn ohne Mut zur Veränderung, ohne Kommunikation auf Augenhöhe und ohne eine langfristige Vision wird selbst eine Erfolgsgeschichte zur vertanen Chance.

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