Teuerung stoppen –
Familien in NÖ

29. Juni 2022

Dringlichkeitsantrag

der Abgeordneten Pfister, Mag. Collini, MA, Hundsmüller, Mag. Hofer-Gruber, Mag. aaa Samwald, Mag. Kollermann, Razborcan, Mag. Renner, Rosenmaier, Mag.a Scheele, Schindele, Schmidt, Mag. Suchan-Mayr, Weninger, Wiesinger und Windholz, MSc

gemäß § 39 Abs. 2 LGO 2001

betreffend: Teuerung stoppen – Familien in Niederösterreich mit dem „blau- gelben Kinderbetreuungsbonus“ entlasten

Zur Dringlichkeit:

Die Teuerungswelle hat Österreich seit mehr als einem halben Jahr im Griff und wird auch in den nächsten Monaten anhalten – ein Ende ist nicht absehbar. Insbesondere die steigenden Treibstoff- und Energiepreise – welche damit die allgemeine Inflation anheizen – sorgen in Österreich derzeit für eine außerordentlich hohe Inflationsrate von über 8%. Im Euroraum erreichte die Inflation (auf der Grundlage des Europäische harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI Europa)) im April 2022 mit 7,44% sogar den höchsten Wert seit Beginn der Statistik 1997. Damit liegt die Inflationsrate fast vier Mal so hoch wie das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB), die mittelfristig eine Rate von 2% als optimalen Wert für die Wirtschaft anpeilt. Mit weiteren Preissteigerungen – insbesondere im Energiebereich – ist laut Expert*innen in den nächsten Monaten zu rechnen.

Die steigenden Lebenshaltungskosten stellen vor allem für Privathaushalte mit niedrigen Haushaltseinkommen sowie Familien eine enorme Herausforderung bzw. finanzielle Belastung dar.

Im Jahr 2021 (noch vor Einsetzen der massiven Teuerungswelle) sprach die Statistik Austria davon, dass in Österreich von rund 1 519 000 Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten nach Definition der Europa 2030-Strategie auszugehen ist, was 17,3% der Gesamtbevölkerung entspricht.

Es ist daher dringend geboten, jetzt zu handeln und niederösterreichische Familien rasch und unbürokratisch zu unterstützen. Niemand soll sich in Niederösterreich entscheiden müssen zu heizen oder Lebensmittel zu besorgen. Ein weiteres Zuwarten mit Maßnahmen wäre grob fahrlässig und es muss jetzt sofort gehandelt werden.

Inhaltliche Ausführungen:

Im Gegensatz zur Gesamtbevölkerung, aber auch im Gegensatz zu allen Haushalten mit Kindern sind Ein-Eltern-Haushalte in Österreich häufiger armuts- oder sozial ausgrenzungsgefährdet: ihr Risiko ist 2-mal bis 2,5-mal höher als in den Vergleichsgruppen. Im Zeitverlauf zeigt sich, dass Haushalte von Alleinerziehenden die einzige Gruppe sind, deren Armuts- und soziale Ausgrenzungsbetroffenheit zwischen 2008-2010 und 2017-2019 zugenommen hat (um 6% bzw. 15%)¹.

Teilzeitarbeit und geringfügige Beschäftigung prägen die Erwerbsbeteiligung vieler Frauen, vor allem jener mit betreuungspflichtigen Kindern. Vor allem für Frauen mit Kindern unter 15 Jahren ist Teilzeitbeschäftigung die dominierende Form der Erwerbsarbeit, um Betreuungsaufgaben und Erwerbstätigkeit zu vereinbaren. Im Jahr 2021 lag die Teilzeitquote der 25- bis 49-jährigen Frauen mit Kindern unter 15 Jahren bei 72,8% (Männer mit Kindern unter 15 Jahren 6,8%)².

Daraus ergibt sich, dass insbesondere Familien mit Kindern bzw. Alleinerzieher*innen bereits vor der Teuerungswelle massiv armutsgefährdet waren. Durch die hohe Inflation hat sich deren Lage naturgemäß nicht verbessert. Es ist daher unumgänglich, dass das Land Niederösterreich jetzt wirksame Maßnahmen zur Entlastung dieser exponierten Gruppe gewährt und nicht bis zum 22. September (wie in der Sitzung des NÖ-Landtages vom 12.05.2022 angekündigt) auf deren Verkündung wartet. Es darf nämlich nicht sein, dass ein derart wichtiges Thema zum Wahlkampfgag verkommt³.

Der Kindergartenerhalter hat gemäß § 25 Abs. 2 des NÖ Kindergartengesetzes 2006 für die Anwesenheit von Kindern vor 7.00 Uhr und nach 13.00 Uhr sowie für die Anschaffung von Spiel- und Fördermaterial und die Verabreichung von Mahlzeiten einen höchstens kostendeckenden Beitrag von den Eltern (Erziehungsberechtigten) einzuheben. Der Beitrag für die Anwesenheit in der Betreuungszeit hat monatlich mindestens 50 Euro zu betragen.

Als rasche und unbürokratische Maßnahme für Familien mit Kindern und Alleinerzieher*innen kann daher die Refundierung der Kindergartenbeiträge eine wichtige Unterstützung sein, schließlich kommen auf diesem Weg den betroffenen Familien zumindest 600 Euro pro Jahr zugute.

Die niederösterreichischen Familien sollen daher mit dem blau-gelben Kinderbetreuungsbonus unterstützt werden. Rund 34.000 Kinder4 befinden sich derzeit in ganztägiger Betreuung in den Kindergärten und würden von dieser Maßnahme profitieren.

Zumindest für Kindergartenjahr 2022/2023 soll daher der landesgesetzlich vorgeschriebene Betrag von zumindest 50 Euro für die Nachmittagsbetreuung pro Kind in den (von den Gemeinden zu erhaltenden) Landeskindergärten vom Land NÖ an die Familien refundiert werden. Insbesondere die Ein-Eltern-Haushalte würden damit überproportional profitieren.

Mit den 600 Euro pro Kind in der Nachmittagsbetreuung für das Kindergartenjahr 2022/2023 wird den Familien unmittelbar geholfen, die Gesamtkosten dieser Maßnahme würden bei rund 20,4 Millionen Euro für das Kindergartenjahr liegen.

Die derzeit bestehende Härtefallklausel in § 25 Abs. 2 des NÖ Kindergartengesetzes 2006 ist nicht ausreichend, da diese auf besonders begründete Einzelfälle beschränkt und schwerfällig ist. Die Einkommensüberprüfung und Feststellung würde auch die Auszahlung verlangsamen und würde die Refundierung auf einen zu engen Berechtigtenkreis reduzieren, zumal auch der Mittelstand massiv betroffen ist.

Die Gefertigten stellen daher den

Antrag

Der Hohe Landtag wolle beschließen:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, die rechtlichen und technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass der gemäß § 25 Abs. 2 des NÖ Kindergartengesetzes 2006 vom Kindergartenerhalter monatlich vorzuschreibende Kostenbeitrag den Eltern vom Land Niederösterreich auf Antrag mittels eines dafür bereitzustellenden Online-Formulars jeweils zeitnah (rück-)erstattet wird.“

Gemäß § 33 LGO 2001 wird beantragt, dass dieser Antrag im Landtag ohne Ausschussberatung zur Behandlung gelangen möge sowie, dass dieser Antrag zu Beginn der Sitzung vom 15.06.2022 verhandelt werde.

 

 

1
https://www.wu.ac.at/fileadmin/wu/d/ri/ineq/Project_Briefs/PB_2022_01_Alleinerziehende_Armut.pdf

2
https://statistik.at/fileadmin/pages/361/Infotext_Vereinbarkeit_von_Beruf_und_Familie.pdf

3
Siehe die derzeitigen Gerüchte um eine vorgezogene Landtagswahleine im September/Oktober 2022

4
https://statistik.at/fileadmin/publications/Kindertagesheimstatistik_2020_21.pdf

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