Impforganisation in NÖ

15. April 2021

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a.Edith Kollermann an Landesrätin für Soziale Verwaltung, Gesundheit und Gleichstellung Ulrike Königsberger-Ludwig

betreffend: Der Strategiewechsel bezüglich der Impforganisation im Land Niederösterreich

Bis Anfang Mai sollen in Niederösterreich 20 Impfzentren aufgebaut werden. Damit sollen die erwarteten großen Impfstofflieferungen möglichst schnell verabreicht werden. Vorbild sei die Arena Nova in Wiener Neustadt, wo seit zwei Wochen in großem Umfang geimpft wird. Das sind die Pläne der niederösterreichischen Landesregierung.

Die Ärztekammer Niederösterreich betonte, dass die Organisation bestehend aus Impfordinationen und -straßen „bestens“ funktioniere. „Diese bestehenden und gut funktionierenden Strukturen nun zu konterkarieren, zum Teil sogar zu zerschlagen, um neue Zentren ohne Erfahrung aufbauen zu wollen, die genauso zu wenig Impfstoff haben, ist in Zeiten einer Pandemie völlig unverständlich und unsinnig. Wir sind nicht gegen Impfzentren oder Impfstraßen, aber nützen wir vorhandene Strukturen und das sind Impfordinationen.“(vgl. Corona – Kritik an geplanter Errichtung von Impfzentren in NÖ – noen.at)

Bemerkenswert ist auch, dass die Organisation mitten im Impfgeschehen neu aufgestellt werden soll. Dass die Bundesländer die Organisation bei den Impfungen übernehmen sollte, wusste man spätestens zu Jahresbeginn. Die „Ausschreibung“ für die Impfzentren startete jedoch erst Monate nach dem Impfbeginn, konkret mit 2.4.2021. Die Irritation der bisherigen Impfstruktur ist also nachvollziehbar. Ein Kommunikationsproblem dürfte aber nicht nur zwischen der Landesregierung und der Ärzteschaft bestehen, sondern auch hinsichtlich des Impfstofflieferanten Astra Zeneca, was zunehmend zu einer Verunsicherung der Bevölkerung in Bezug auf diesen Impfstoff führt. Wenn nun aber die Hausärztinnen und Hausärzte nicht mehr mit dem offenbar deutlich beliebteren Impfstoff von BionTech Pfizer beliefert werden, mutet die Landesregierung der Bevölkerung nicht nur längere Wege (nämlich zu den Impfzentren) zu, sondern verzichtet auch auf den Wert des Vertrauensverhältnisses zwischen Hausarzt/-ärztin und Patient_in.

Aufgrund dieser Kritik stellt die Gefertigte an Landesrätin für Soziale Verwaltung, Gesundheit und Gleichstellung Ulrike Königsberger-Ludwig folgende

ANFRAGE

1. Aus welchen Gründen werden die 20 Impfzentren in Zukunft mit dem Impfstoff der Firmen BionTech Pfizer und Moderna versorgt, aber nicht die Ordinationen?
a. Sind Ihnen Zwischenfälle aus Ordinationen bekannt, welche eine Änderung der Strategie nahelegen und wenn ja, welcher Art?
b. Wurde innerhalb der bisherigen Impfordinationen differenziert, z.B. nach Größe, Öffnungszeiten, Impfkapazität, Einzugsgebiet?
i. wenn ja, mit welchem Ergebnis?
ii. wenn nein, wieso nicht?
2. Welche Berechnungen liegen der Entscheidung zugrunde, wonach die Ordinationen in Zukunft mit dem Impfstoff der Firmen Astra Zeneca bzw. Johnson & Johnson versorgt werden und nicht mit dem Impfstoff der Firmen BionTech Pfizer bzw. Moderna?
a. In welcher Aufteilung bezüglich Impfstoffe werden in Zukunft die Impfzentren sowie die Ordinationen versorgt? (Bitte um Auflistung des Verhältnisses bezüglich Impfstoff zwischen den beiden genannten Impfstellen)
3. Wie hoch sind die Kosten und wie sieht die Kostenverteilung für die Impfungen je nach Impfstelle aus? (Bitte um konkrete Auflistung der einzelnen Kosten – Pauschalsatz, Personalkosten, Infrastruktur, Impfstoff, Organisation)
a. Impfung in Arztpraxen
b. Impfung in Impfstraßen (aktuell)
c. Impfung in Impfzentren (neu)
4.Zu welchem Teil wurden bis dato die Impfstoffe der Firmen BionTech Pfizer, Moderna und Astra Zeneca an die Ordinationen auf Basis der Bestellung über Notruf Niederösterreich verteilt?
5. Mit welchen Kosten planen Sie nun aufgrund des Strategiewechsels von Seiten des Landes Niederösterreichs? (bitte um konkrete Auflistung der geplanten einzelnen Kosten)
6. Die Ausschreibung der Impfstraßen endet am 03.05.2021. Obwohl deshalb ein Betrieb vor Mitte Mai unwahrscheinlich ist, werden den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten bereits jetzt nur mehr AstraZeneca-Impfstoffe zugeteilt. Aufgrund welcher Überlegungen argumentieren Sie bzw. das Land Niederösterreich diesen Schritt?
7. Gibt es bereits Vorarbeiten für die Aufnahme des Betriebs der 20 Impfzentren? Welche Organisationen/Unternehmen werden diese 20 Impfzentren aus aktueller Sicht betreiben?
a. Wann reichten diese Organisationen/Unternehmen ihr jeweiliges Konzept bezüglich der 20 Impfzentren ein oder wurden sie von der niederösterreichischen Landesregierung angesprochen und wann?
b. Von wem wurden/werden die Konzepte dieser Organisationen/Unternehmen geprüft?
c. Sind diese Konzepte öffentlich einsehbar
8. Aufgrund der bei Frage 6 gestellten Überlegungen, fürchten Sie von Seiten des Landes Niederösterreich eine Impflücke?
a. Wenn ja, wie rechtfertigen sie diese Lücke?
b. Wenn nein, wieso nicht?

Beantwortung

Herrn
Landtagspräsidenten
Mag. Karl Wilfing
Im Hause

St. Pölten, am 25.5.2021

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident!

Die im Rahmen der Landtagsanfrage der Abgeordneten Mag.a Edith Kollermann betreffend „Der Strategiewechsel bezüglich Impforganisation im Land Niederösterreich“, eingebracht am 13. April 2021, Ltg. 1566/A-5/338-2021, an mich gerichteten Fragen beantworte ich soweit diese in meine Zuständigkeit fallen und vom Anfragerecht umfasst sind, wie folgt:

In Niederösterreich wurde/wird seit Beginn der Impfaktionen der Impfplan des Bundes (NIG) umgesetzt. Die Koordination sowie das Anmeldesystem wurden von der Notruf NÖ GmbH übernommen. Zu Beginn wurde lediglich in Pflegeheimen und Krankenhäusern geimpft. Danach hat man sich mit der Ärztekammer darauf geeinigt, Impfordinationen zu definieren. Ergänzend dazu haben sich vereinzelt ÄrztInnen zu „Impfstraßen“ in den Gemeinden zusammengetan. Die möglichen Öffnungszeiten haben sich an den verfügbaren Kapazitäten der Ordinationen und Impfstraßen orientiert. Daraus ableitend, die knappen Impfstoffmengen und die logistischen Herausforderungen berücksichtigend, wurden die Impfstellen seitens der Notruf geplant, der Impfstoff zugeteilt und die Termine freigeschaltet.

Für die NÖ Impfstrategie war von vorneherein klar, dass es bei Vorhandensein größerer Impfstoffmengen neben den o.a. Strukturen auch Impfzentren braucht, die eine hohe Durchimpfungsquote – durch langfristig garantierte, hinreichende Öffnungszeiten und mehrere Impflinien pro Impfzentrum – in einem komprimierten Zeitraum ermöglichen.

Aufgrund der sich immer wieder rasch ändernden Rahmenbedingungen seitens des Bundes

– so wurde zum Beispiel mit Beschluss des Nationalrates vom 21. April 2021 das COVID-19-Zweckzuschussgesetzes geändert. Die bislang für die bevölkerungsweiten Testungen geltenden lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Erleichterungen werden auf die Impfzentren ausgedehnt. Die Änderung wurde in der Sitzung des Bundesrates am 6. Mai 2021 beschlossen und wird nur für öffentliche Träger gelten.

der Herausforderungen im Bereich der Impfstofflieferungen
– so haben sich seit dem Beginn des Ausschreibungsverfahrens über die Organisation und Betrieb von Impfzentren zur Verabreichung von Impfungen gegen COVID-19 in Niederösterreich vom 2. April 2021, bei der Verteilung des Impfstoffes und vor allem bei der Menge des verfügbaren Impfstoffes sehr viele fremdbestimmte Parameter geändert (zB Impfintervalle, Handhabung des Impfstoffes) und der Tatsache, dass es das gemeinsame Bestreben ist, jedem Niederösterreicher und jeder Niederösterreicherin schnell und effizient eine Impfung anbieten zu können, hat sich das Land NÖ entschieden, die Verantwortung zu übernehmen und selbst Träger der NÖ Impfzentren zu werden. Gemeinsam mit den Partnern der Rettungsorganisationen, der NÖ Ärzte und Ärztinnen und der vielen Freiwilligen aus den Institutionen und dankenswerterweise vieler bereits pensionierter Kolleginnen und Kollegen aus den Pflegeorganisationen und der Zivilgesellschaft können wir diese Herausforderung in den Impfzentren des Landes stemmen.

Wir garantieren damit Kontinuität aber auch die notwendige Flexibilität für die Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher.

Neben den NÖ Impfzentren bleiben aber auch weiterhin Impfordinationen bestehen, die bei Vorliegen von ausreichenden Impfkapazitäten und Barrierefreiheit mit Impfstoff von BionTech Pfizer und Moderna beliefert werden. Für Ordinationen, die sich nicht für die Verimpfung mit Impfstoff von BionTech Pfizer oder Moderna eignen, besteht die Möglichkeit Impfstoff von Johnson & Johnson zu verimpfen. Impfstoff von Astra Zeneca wird aufgrund der prognostizierten Liefermengen nicht mehr für Neu-Impfungen, sondern nur mehr für laufende Zweitimpfungen verwendet werden.

Das Lieferverhältnis zwischen Impfzentren und Ordinationen wird so angepasst werden, dass Impfstoff von BionTech Pfizer im Ausmaß von 75% an die Impfzentren und 25% an die Ordinationen, Impfstoff von Astra Zeneca zu 100% an die Ordinationen für Zweitimpfungen, 100% des Impfstoffes von Moderna für betriebliche Impfungen und 100% des Impfstoffes von Johnson & Johnson an die Ordinationen geliefert werden soll.

Die Verteilung durch die Notruf Niederösterreich wird und wurde aufgrund der logistischen Möglichkeiten, der Bevölkerungsstruktur, der regionalen Verteilung sowie aufgrund des verfügbaren Impfstoffes zu den Impfzentren und Ordinationen zugewiesen. Die Höchstanzahl der impfenden Stellen mit BionTech Pfizer Impfstoffen ist pro Tag aufgrund des Pharma-Großhandels limitiert.

Zur Frage der Kosten und Kostenaufteilung in den jeweiligen Varianten kann zum aktuellen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden, da diese einerseits nicht alle separat pro Impfzentrum erfasst werden, beziehungsweise bei diversen Vertragspartnern aufgrund der Einzelabrechnungssystematik noch nicht vollständig eingegangen und erfasst wurden. Aufgrund eines Regierungsbeschlusses sind die Kosten aktuell jedenfalls mit 21 Mio. Euro begrenzt und werden im größtmöglichen Umfang mit dem Bund weiterverrechnet. Die Abrechnung der Kosten im niedergelassenen Bereich erfolgt über die ÖGK.

Aufgrund der guten Kooperationen mit allen in Niederösterreich beheimateten Organisationen, Gruppierungen und Kammern gelingt es die Impfungen unabhängig von der Trägerschaft der Impfzentren kontinuierlich durchzuführen. Impflücken sind demnach ausgeschlossen, was auch ein Blick auf die Impfquoten bestätigt. Mit heutigem Tag (25.5.2021) haben bereits 621.334 NiederösterreicherInnen eine Erstimpfung erhalten.

Mit freundlichen Grüßen
Königsberger-Ludwig eh.

Teilen:
Ideen, Fragen, Anregungen?
UNSERE NEOS-IDEEN FÜR NÖ