S8 – Fehlplanungen des Landes?

25. Februar 2020

Ein (geplantes) Straßenbauprojekt, eine (real stattfindende) Verkehrslawine und ein (noch nicht abgeschlossenes) rechtsstaatliches Verfahren halten die Bewohner zwischen Gänserndorf und Raasdorf in Atem. Wie geht das eigentlich, diese Vogel-Strauß-Politik und tut das weh?

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a. Kollermann an Landesrat für Finanzen und Mobilität DI Ludwig Schleritzko

betreffend: S8 – Fehlplanungen des Landes?

Das Projekt der Schnellstraße S8 hält nun seit Jahren die niederösterreichische Politik in Atem. Das UVP-Verfahren hatte bereits vor knapp acht Jahren begonnen, im Juli 2011. In den darauffolgenden Jahren wurde das Projekt wiederholt abgeändert bzw. weitere Unterlagen nachgereicht. Die mündlichen Verhandlungen fanden 2016 statt. Im Fokus der UVP standen laut Ministerium vor allem die Bereiche Lärm und Naturschutz. Die Gegner hatten etwa kritisiert, dass die geplante Trasse durch Naturschutzgebiet führe und damit den Triel – eine geschützte Vogelart – gefährde.
Nun wurde vor Gericht festgestellt, dass die Trasse der S8 durch das Natura-2000- Schutzgebiet „Sandboden-Praterterrassen“ verläuft, in dem wiederum der Triel brütet. Auch hat der Naturschutz-Sachverständige aus dem erstinstanzlichen Verfahren, in dem die Schnellstraße bewilligt wurde, sein positives Gutachten zur S8-Trasse zurückgezogen.

Hier stellen sich nun auch Fragen hinsichtlich der Projektkosten des Landes Niederösterreich. Denn während man auf den Baubeginn der S8 wartete, wurden bereits Zubringer gebaut. So wurde zum Beispiel im Vorjahr die Umfahrung Gänserndorf-Süd eröffnet. Kostenpunkt: sechs Millionen Euro. Derzeit läuft der Bau der 2,3 Millionen Euro teuren Umfahrung Raasdorf. „Diese Projekte sind zwar an der S1, die als Anschluss an die S8 aber unabdingbar erforderlich sind“, laut Verkehrslandesrat Ludwig Schleritzko.

(vgl. https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/bruetender-triel-verhindert-die-schnellstrasse- s8/400761333)

Der Bürgermeister von Raasdorf brachte es auf den Punkt:“Wenn die S8 nicht kommt, haben wir da eine Straße gebaut, die keiner braucht, weil sie ins Nichts führt.“

Hinsichtlich der Planung des Landes Niederösterreichs bezüglich der Zubringer der Schnellstraße S8 stellen sich durch diese Aussagen einige Fragen.

Aus diesen Gründen, stellt die Gefertigte an Landesrat für Finanzen und Mobilität DI Ludwig Schleritzko, nachstehende

ANFRAGE

1. Auf welche Summen beliefen/belaufen sich die Gesamtprojektkosten des Landes Niederösterreich des Projektes „S8, Marchfeld Schnellstraße“, inklusive der

Umfahrung Gänserndorf Süd, sowie der Umfahrung Raasdorf, da diese als Anschluss an die S8 unabdingbar erforderlich sind? (Bitte um Angabe pro Jahr)

a. Auf welche Summen beliefen/belaufen sich die Gesamtprojektkosten des Landes Niederössterreich des Projektes „S8, Marchfeld Schnellstraße“, exklusive der Umfahrung Gänserndorf Süd und der Umfahrung Raasdorf? (Bitte um Angabe pro Jahr)

2. Gibt es von Seiten des Landes Niederösterreichs bezüglich des Projektes „S8 Marchfeld Schnellstraße“, inklusive der Umfahrung Gänserndorf Süd sowie der Umfahrung Raasdorf, Alternativplanungen?
a. Wenn ja, welche?
b. Wenn nein, wieso nicht?

3. Wenn das Projekt „S8 Marchfeld Schnellstraße“ nun wahrscheinlich nicht abgeschlossen werden kann, gibt es seitens des Landes Niederösterreich Pläne hinsichtlich der Umfahrung Gänserndorf Süd sowie der Umfahrung Raasdorf?
a. Wenn ja, welche und wo sind diese einsehbar?
b. Wenn nein, wieso nicht?

4. Wann begann der Bau der Umfahrung Gänserndorf Süd sowie der Umfahrung Raasdorf von Seiten des Landes Niederösterreich?

5. Falls der Bau der Umfahrung Gänserndorf Süd sowie der Umfahrung Raasdorf schon vor der erfolgreichen Umweltverträglichkeitsprüfung begann, was waren die Gründe für den (vorzeitigen) Baubeginn?
a. Welchen Planungen liegen diesen Baubeginn, trotz zu der damaligen Zeit noch laufender Umweltverträglichkeitsprüfung, zugrunde?

6. Welche Planungen für Umfahrungen von Marchfeldgemeinden ließ das Land Niederösterreich ausarbeiten?
a. Auf welche Summen beliefen sich die Kosten der Planungen des Landes Niederösterreich bezüglich der Umfahrungen von Marchfeldgemeinden?

7. Wurden die Planungen für Umfahrungen von Marchfeldgemeinden, welche das Land Niederösterreich ausgearbeitet hat, veröffentlicht?
a. Wenn ja, wo?
b. Wenn nein, wieso nicht?

Mag.a. Kollermann

 

Beantwortung

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Herrn
Präsident des NÖ Landtages
Mag. Karl Wilfing

B. Schleritzko-F-24/059-2020

St. Pölten, am 23. März 2020

Sehr geehrter Herr Präsident!

Die im Rahmen der Anfrage der Frau Abgeordneten Mag. Kollermann betreffend „S 8 –Fehlplanungen des Landes?“ vom 25. Februar 2020, Ltg.-1027/A-5/214-2020, an mich gerichteten Fragen beantworte ich, soweit diese in meine Zuständigkeit fallen und vom Anfragerecht umfasst sind, wie folgt:

Die S 8, Marchfeld-Schnellstraße, wurde im Jahre 2006 in das Bundesstraßenge- setz 1971 aufgenommen und befindet sich somit in der Planungs- und Errichtungs- verantwortung der ASFINAG. Die Gesamtprojektkosten der S 8 sind dem Land NÖ nicht bekannt. Laut Homepage der ASFINAG betragen die Gesamtkosten für den Ab- schnitt S 8-West vom Knoten S 1/S 8 bis Gänserndorf/Obersiebenbrunn 310 Mio. Euro. Von Seiten des Landes NÖ gibt es keine Alternativplanung zur Errichtung der S 8. Nach dem erstinstanzlichen UVP-Bescheid gilt der S 8 West-Vorhaben-Korridor als Bundes- straßenbaugebiet, in dem die Errichtung von Landesstraßenprojekten nicht zulässig ist.

Bei der Umfahrung Gänserndorf-Süd im Zuge der L 9 handelt es sich um ein selb- ständig wirksames Landesstraßenvorhaben zur Entlastung des Siedlungsgebietes von Gänserndorf Süd, dessen Errichtung aufgrund einer Steigerung der Verkehrszahlen auf der L 9 jedenfalls und unabhängig von der S 8-West verkehrlich sinnvoll ist.

Für die Planung der Umfahrung Gänserndorf-Süd wurden von 2011 bis zur Errichtung 2018 ca. 480.000,– Euro aufgewendet. Der Bau erfolgte von Juli 2018 bis Juni 2019 und kostete ca. 6 Mio. Euro.
In der Zeit von August bis November 2019 wurde auf der L 9 zwischen Gänserndorf- Süd und Obersiebenbrunn auch eine Generalsanierung der Fahrbahn durchgeführt.

3109 St. Pölten Landhausplatz 1 Haus 1 Telefon +43 (0) 2742 9005 DW 12091 Fax +43 (0) 2742 9005 DW 13655 lr.schleritzko@noel.gv.at Internet: www.noe.gv.at – www.noe.gv.at/datenschutz

Bei der Umfahrung Raasdorf handelt es sich nicht um eine selbständig wirksame ver- kehrliche Lösung, sondern diese Umfahrung hat einen verkehrlichen und funktionalen Zusammenhang mit der Errichtung der S 1, Wiener Außenring Schnellstraße, im Abschnitt Knoten Süßenbrunn bis Groß Enzersdorf.

Speziell notwendig wurde die vorgezogene Errichtung der Umfahrung Raasdorf im Jahr 2019 aufgrund des derzeitigen zweigleisigen Ausbaus der ÖBB-Strecke Wien Stadlau- Bratislava und der damit verbundenen Niveaufreimachung der Eisenbahnkreuzungen im Gemeindegebiet von Raasdorf. Somit kann die Umfahrung Raasdorf in der Bau- phase der S 1 als Baustraße genutzt werden, wodurch die Bevölkerung vom Bau- stellenverkehr entsprechend entlastet wird.

Die Errichtung der Umfahrung Raasdorf ist unabhängig von der Errichtung der S 8-West und erfolgte nach dem positiven Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom Mai 2018 zur S 1, Wiener Außenring Schnellstraße.
Die Planungskosten der Umfahrung Raasdorf bis zur positiven Baugenehmigung betrugen ca. 220.000,– Euro, die Errichtungskosten von September bis Dezember 2019 ca. 2,2 Mio. Euro.

Grundsätzlich werden die Planungsunterlagen zur Errichtung von Umfahrungsstraßen im Laufe des Planungsprozesses immer zuerst mit den betroffenen Gemeinden abge- timmt, dann bei Bürgerinformationsveranstaltungen der breiten Öffentlichkeit vorgestellt und schlussendlich im Zuge der Genehmigungsverfahren in den Standortgemeinden öffentlich aufgelegt und verhandelt.

Zusätzlich zu den bereits errichteten Umfahrungen Gänserndorf-Süd und Raasdorf laufen seitens des NÖ Straßendienstes in Abstimmung mit den betroffenen Gemeinden Planungen für die Umfahrungen Gänserndorf-Ost und Groß Enzersdorf sowie die Spange L 9/L 2 im Gemeindegebiet von Unter- und Obersiebenbrunn.

Mit freundlichen Grüßen

LR Schleritzko eh.

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