Nachrangige Impfung von Älteren

25. Februar 2021

ANFRAGE

der Abgeordneten Mag.ª Edith Kollermann  an Landesrätin Bildung, Familien und Soziales Mag.ª Christiane Teschl-Hofmeister

betreffend Nachrangige Covid-Impfung von Älteren begünstigt Pflegeheim-Cluster

Letzte Woche ist es in einem Pflegeheim der NÖ Landesgesundheitsagentur (Pflege- und Betreuungszentrum Hollabrunn) erneut zu einem Covid-Cluster gekommen. Mittlerweile ist der Cluster auf eine außergewöhnliche Größe von 67 Fällen angewachsen. Covid-Cluster dieser Größe dürften aufgrund der Covid-Test- bzw. Impfvorschriften des Bundes für Pflegeheime und des Covid-Impfstoffes gar nicht mehr auftreten, außer die Vorgaben werden nicht eingehalten. Dieser Fall wirft ein schlechtes Licht auf das NÖ Covid- Krisenmanagement und die Covid-Impf „Strategie“. Der Hollabrunner Pflegeheimcluster ist umso unverständlicher, als am 12. Jänner ankündigt wurde, dass bis „Ende der Woche“ alle 105 Alten-/Pflegeheime durchgeimpft sein würden. Das wäre dann vor einem Monat gewesen.

https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/altenheime-in-niederoesterreich-bis-ende-der- woche-durchgeimpft/401153799

Ältere und Risikogruppen werden offenbar jedoch kaum geimpft:

Vor kurzem wurden die Covid-Impfungen je Altersgruppe vom Gesundheitsministerium online gestellt. Dabei fällt sofort auf, dass der Anteil der Geimpften über 75 Jahren zwischen den Bundesländern stark variiert. Während Oberösterreich einen Anteil von 50 Prozent ausweist, liegt der entsprechende Wert in NÖ lediglich bei gerade mal 19 Prozent. Damit impft NÖ völlig entgegen den Empfehlungen des „Nationalen Impfgremiums“, das vorgeschlagen hat, prioritär Personen folgender Gruppen zu impfen: a) Personen über 80 Jahre, b) Pflegeheimbewohner und c) Gesundheits-/Pflegepersonal, das direkt in Kontakt mit Pflegeheimbewohnern oder Covid-Patienten steht.

https://www.meduniwien.ac.at/hp/fileadmin/tropenmedizin/DokumenteChristina/Corona_Imp fgremium/Empfehlung_des_Nationalen_Impfgremiums_zur_Priorisierung_von_COVID-19- Impfungendocx.pdf

Oberösterreichischer Covid-Erfolgsweg vs. fragwürdiges NÖ Krisenmanagement

Dass sich die strikte Einhaltung der Empfehlungen des „Nationalen Impfgremiums“ bezahlt macht, zeigt das Land Oberösterreich. Dort sind 50 Prozent der Geimpften über 75 Jahre alt, was sich mittlerweile auch in deutlich besseren Covid-Kennzahlen widerspiegelt. Zwar ist OÖ am 3.11. mit deutlich schlechteren Covid-Kennzahlen in den Lockdown gestartet, mittlerweile sind die Werte bei der 7-Tageinzidenz, den Intensivaufenthalten und den Todesfällen aber deutlich besser als in NÖ. Die Todesfälle lagen in OÖ (2 Todesfälle täglich im 7-Tagesschnitt) nicht zuletzt deshalb weit unter den NÖ Covid-Todesfällen (6 Todesfälle täglich), weil es dem Land OÖ offenbar deutlich besser gelungen ist als dem Land NÖ, die Älteren und Pflegeheimbewohner_innen zu schützen – durch regelmäßige Testungen und Impfungen.

Aufgrund der Zahlen von Seiten des Ministeriums (oben angeführt) und dem Aufkommen neuer Cluster, trotz versprochener „Durchimpfung“, stellt die Gefertigte folgende

ANFRAGE

  1. In OÖ werden vorwiegend Ältere geimpft, gleichzeitig seien in OÖ deutlich weniger Covid-Todesfälle zu beobachten. Mit welchen Maßnahmen stellen Sie sicher, dass die Bewohner_innen der NÖ Pflegeeinrichtungen gleich gut geschützt sind wie jene in OÖ?
  2. Wie viele Bewohner_innen und Angestellte gibt es in den 105 NÖ Alten- und Pflegeheimen? (nach Bewohner_innen und Angestellten)
    a. Wie viele Bewohner_innen waren mit Datenstand 15.2.2021 geimpft?
    b. Wie viele Angestellte waren mit Datenstand 15.2.2021 geimpft?
  3. Wie viele Bewohner_innen und Angestellte gibt es im Pflege- und Betreuungszentrum Hollabrunn, in dem der Covid-Cluster aufgetreten ist?
    a. Wie viele Bewohner_innen waren mit Datenstand 15.2.2021 geimpft?
    b. Wie viele Angestellte waren mit Datenstand 15.2.2021 geimpft?
  4. Wieso hat das Land NÖ die Durchimpfung der 105 Alten- und Pflegeheime bis Ende Jänner nicht erreicht, wie dies am 12.1. im Kurier angekündigt wurde?
  5. Welche Covid-Testvorschriften galten im Zeitraum 1. Jänner bis 22. Februar in den NÖ Alten- und Pflegeheimen? Wie viele Tests wöchentliche sahen diese vor?
    a. Für Bewohner_innen?
    b. Für Personal?
    c. Für Besucher_innen?
  6. Wie überprüfen Sie die Einhaltung der Covid-Testvorschriften des Bundes (zumindest zweimal wöchentlich) und des Landes NÖ in den NÖ Alten- und Pflegeheimen?
  7. Wie viele Covid-Testungen hat es seit dem 1. März 2020 in NÖ Alten- und Pflegeheimen gegeben?
    a. Bei Bewohner_innen? (nach Monat)
    b.Bei Personal? (nach Monat)
    c. Bei Besucher_innen? (nach Monat)
  8. Wie viele Covid-Fälle hat es seit dem 1. März 2020 in NÖ Alten- und Pflegeheimen gegeben?
    a. Bei Bewohner_innen? Wie viele davon sind verstorben? (nach Monat)
    b. Bei Personal? Wie viele davon sind verstorben? (nach Monat)

 

Beantwortung

Christiane Teschl-Hofmeister
Landesrätin

Herrn
Präsidenten des NÖ Landtages
Mag. Karl Wilfing

St. Pölten, am 07. April 2021

Sehr geehrter Herr Präsident!

Zur Anfrage der Abgeordneten Mag.a. Kollermann betreffend „Nachrangig Covid-Impfung von Älteren begünstigt Pflegeheim-Cluster“, eingebracht am 25. Februar 2021, Ltg. 1493/A-5/313-2021, darf ich Folgendes mitteilen:

Die Beantwortung einer Anfrage durch ein Regierungsmitglied ist durch die
NÖ Landesverfassung, die Geschäftsordnung des Landtages von NÖ sowie der Geschäftsordnung der NÖ Landesregierung vorgegeben. Diese Bestimmungen sind jedenfalls einzuhalten.

Auf Basis dieser gegebenen gesetzlichen Grundlagen darf ich daher im Rahmen meiner Zuständigkeit wie folgt Stellung nehmen:

In den Pflegeheimen in NÖ gibt es 9.973 Bewohner und 8.992 Mitarbeiter. Durch die Impfungen der BewohnerInnen in den NÖ Pflegeeinrichtungen konnten die Covid- Erkrankungen wesentlich reduziert werden (Vergleichszeitraum Dezember 2020 bis März 2021: Reduktion um rund 97 %)

Mit Datenstand vom 15.2.2021 hatten rund 73 % der Bewohner und rund 56 % der Mitarbeiter der NÖ Pflege- und Betreuungszentren die 2. Teilimpfung.

Im NÖ Pflege- und Betreuungszentrum Hollabrunn gibt es 104 BewohnerInnen und 90 Bedienstete. Mit Datenstand 15.2.2021 hatten bereits 67 BewohnerInnen und 45 MitarbeiterInnen die 1. Covid-Teilimpfung. Mittlerweile haben diese Personen auch die 2. Teilimpfung erhalten.

Die Impfung wurde in den NÖ Pflege- und Betreuungszentren sowie NÖ Pflege- und Förderzentren laut den Vorgaben des Impfgremiums laufend geplant und durchgeführt. Ein wesentlicherer Faktor war/ist der verfügbare Impfstoff.

In den NÖ Pflege- und Betreuungszentren gelten (insbesondere auch im Zeitraum von 1. Jänner bis 22. Februar 2021) folgende Covid-Testvorschriften – diese werden den privaten Trägern ebenso immer als Empfehlung zur Verfügung gestellt:

BewohnerInnen haben die Möglichkeit sich einmal pro Woche, oder wenn sie innerhalb dieses Zeitraums das PBZ/PFZ verlassen haben, zweimal pro Woche testen zu lassen. Dazu können Antigen-Tests oder molekularbiologische Tests (PCR) verwendet werden.

Abwesenheiten von BewohnerInnen (länger als 24 Stunden) werden als Neuaufnahmen betrachtet. Neuaufnahme bedeutet Vorlage eines negativen PCR- Tests – nicht älter als 72 Stunden (bis 10.03.2021 48 Stunden) – oder Antigen- Test – nicht älter als 48 Stunden (bis 10.03.2021 24 Stunden). Des Weiteren ist innerhalb der nächsten 7 Tagen (frühestens am 4. Tag) ein PCR -Test durchzuführen.
Für das Personal gelten die festgelegten Testvorschriften der jeweils gültigen „Covid- Maßnahmenverordnung“. Derzeit werden die MitarbeiterInnen jeden 3. Tag getestet. Besuche sind nur möglich, wenn ein Antigen-Test der nicht älter als 48 Stunden (bis 10.03.2021 24 Stunden) oder PCR-Test der nicht älter als 72 Stunden (bis 10.03.2021 48 Stunden) ab Zeitpunkt der Probenahme vorgelegt werden kann. Das negative Testergebnis muss eindeutig der Person zuordenbar sein. Selbsttests können nicht als Zutrittstest verwendet werden, da hierbei nicht kontrolliert werden kann, ob der Test korrekt durchgeführt wurde und wer den Test durchgeführt hat. Kinder bis zum 10. Lebensjahr brauchen nicht getestet werden.
Aufgrund der auftretenden Virusmutationen wird bis auf weiteres die Antigen-Testung für BesucherInnen in den PBZ/PFZ angeboten. Kann keine Bestätigung vorgelegt werden oder wird ein Antigen-Test verweigert, ist kein Besuch möglich.
Keinen Antigen- oder PCR-Test benötigen BesucherInnen die in den letzten 6 Monaten eine COVID-19 Erkrankung nachweisen können.

Die Einhaltung der Covid-Testvorschriften des Bundes und des Landes NÖ erfolgt durch die administrative Erfassung der PCR-Tests mittels EDV–System, die Dokumentation der Antigen-Tests an die AGES sowie durch die Führungskräfte der jeweiligen Einrichtung.

Die Pflegeheime des Landes NÖ wurden mit 14. April 2020 in die Strukturen der NÖ Landesgesundheitsagentur integriert und seit Mai 2020 liegen strukturierte Daten zu Covid-Testungen vor. Zu berücksichtigen sind die jeweils geltenden Ausnahmebestimmungen zu den Covid-Testungen in der COVID19– Schutzmaßnahmenverordnung.

Von Mai 2020 bis Februar 2021 wurden in den Pflegeheimen in Niederösterreich bisher 100.070 BewohnerInnen und 163.311 MitarbeiterInnen getestet. Zusätzlich erfolgten von Juni bis Oktober 2020 in privaten Einrichtungen Testungen in privaten Laboren. Dazu liegen keine Zahlen vor.

Besucher, die kein gültiges Testergebnis vorlegen können, werden vor dem Besuch mittels Antigen-Test durch die jeweilige Pflegeeinrichtung der NÖ LGA als zusätzliche Serviceleistung getestet, um die Besuchsmöglichkeit zum Wohle der BewohnerInnen sicherzustellen. Es werden keine statistischen Erfassungen zu den Testungen der BesucherInnen geführt.

Seit dem 1. März 2020 gab es in den Pflegeheimen in Niederösterreich insgesamt 2.663 positive BewohnerInnen – davon sind 491 verstorben – und 1.514 positive MitarbeiterInnen – davon sind keine verstorben (Stand per 31.03.2021).

Mit freundlichen Grüßen
Christiane Teschl-Hofmeister e. h.
Landesrätin

Teilen:
Ideen, Fragen, Anregungen?
UNSERE NEOS-IDEEN FÜR NÖ