Kontrolle der Vertragspartner

14. November 2018

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a Kollermann an Landesrat Waldhäusl gemäß § 39 Abs. 2 LGO 2001

betreffend: „Kontrolle der Vertragspartner des Landes bei Vollversorgungs-Quartieren“

In der Unterbringung von Asylwerber_innen bedient man sich in Niederösterreich verschiedenster Modelle. Entgegen der Meinung von Expert_innen, wonach die private Unterkunftsnahme die steuergeldschonendste Form der Unterbringung darstellt, setzt Niederösterreich, unter der Führung von Landesrat Waldhäusl, verstärkt auf die Unterbringung in Landesquartieren sowie auf die Unterbringung in Vollversorgungs- Quartieren, die von privaten Quartiergeber_innen mit einem Vertragsverhältnis zum Land angeboten werden.

Immer wieder erreichen uns Meldungen, wonach Quartiergeber_innen den vertraglichen Vorgaben nicht oder nicht ausreichend nachkommen. Zuletzt erging diesbezüglich eine Sachverhaltsdarstellung eines zivilgesellschaftlich organisierten Helfer_innen-Netzwerks an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt. Der Vorwurf, der Quartiergeber würde sich durch Nichterfüllung der vertraglichen Bedingungen unrechtmäßig bereichern, wird dort zu prüfen sein.

Immer wenn Steuergeld im Spiel ist, ist es Aufgabe der Politik, die ordnungsgemäße Gebarung der Mittel sicherzustellen. Aufgabe der Opposition als Kontrollkraft ist es, im Sinne der Transparenz immer dann tätig zu werden, wenn es eben nicht den Anschein hat, als würde das in ausreichendem Maße geschehen.

Die Gefertigte stellt an den zuständigen Landesrat Waldhäusl daher nachstehende

Anfrage:

  1. Wie viele Vertragsverhältnisse unterhält das Land zu privaten Quartiergeber_innen? (Bitte um Aufgliederung nach Bezirken und Personenanzahl/Bezirk)
  2. Welche Ausgaben aus diesen Verträgen erwuchsen dem Land in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 bis dato?
  3. Wie viele der Gesamtanzahl an Verträgen sind im Sinne einer Vollversorgung der untergebrachten Personen zu verstehen?
  4. Wie erfolgt die Kontrolle der Vertragserfüllung?
    a. Welche Art der Kontrolle wird angewandt?
    b. Wer ist für die Kontrollen der Vertragseinhaltung federführend verantwortlich?
    c. Wie viele Kontrollen wurden in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 bis
    dato durchgeführt? (Bitte um Aufgliederung nach Jahr und Anzahl)
  5. Spielt die von Landesrat Waldhäusl als Beratungsfirma eingesetzte „NSA-GmbH“ in der Kontrolle eine Rolle?
    a. Wenn ja, seit wann und mit welchen konkreten Aufgaben?
    b. Wenn ja, ersuchen wir um Übermittlung einer Vertragskopie.
  6. Wie viele und welche Art von Mängeln hinsichtlich nichtordnungsgemäßer Vertragserfüllung wurden in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 bis dato aktenkundig?
  7. Wie erfolgte die Kontrolle der Mängelbehebung?
  8. Gab es in den Jahren 2015, 2016, 2017 und 2018 bis dato Regressforderungen des
    Landes bei Nichterfüllung vertraglicher Bestimmungen?

Mag.a Kollermann

Beantwortung

Gottfried Waldhäusl
Landesrat

Herrn
Präsident des NÖ Landtages
Mag. Karl Wilfing
Im Hause

St. Pölten, am 3. Dezember 2018

Die Anfrage der Abgeordneten Mag. Kollermann betreffend „Kontrolle der Vertrags- partner des Landes bei Vollversorgungs-Quartieren“, Ltg.-449/A-5/78-2018, wird wie folgt beantwortet:

Das Land Niederösterreich hat derzeit gemäß § 1 Abs. 4 iVm § 2 Abs. 1 Z 5 NÖ Grundversorgungsgesetz für 460 Quartiersstandorte mit 149 UnterkunftgeberInnen Verträge über organisierte Unterkünfte abgeschlossen, wobei 442 Standorte als Selbstversorgerquartiere geführt werden und es sich beim Rest um Vollversorgerquartiere handelt. Wie bereits in vorhergehenden Anfragebeant- wortungen hingewiesen, wurden die Rahmenbedingungen für die Verträge bzw. die zugrundeliegenden Leistungen im Zuge einer Ausschreibung festgelegt und definiert. Von der bezirksweisen Aufgliederung der Unterkünfte und Personen wird aus vollzugsrelevanten Überlegungen abgesehen.

Aus diesen Vertragsverhältnissen bzw. Führung der Standorte ergaben sich für das Land Niederösterreich unter Anwendung und Einhaltung der im NÖ Grundversorgungsgesetz vorgesehenen Tagsätze vom Jahr 2015 bis dato Ausgaben im Ausmaß von 237 Mio. Euro. Durch diese europarechtlich und landesgesetzlich vorgesehene Versorgungspflicht wurden in organisierten Unterkünften an die 15.000 hilfs- und schutzbedürftige Fremde in den Quartieren versorgt.

Die Kontrolle und Beurteilung der Vertragserfüllungen erfolgte bzw. erfolgt federführend durch die betroffene Fachabteilung des Amtes der NÖ Landesregierung infolge behördlicher Kontrollen. Das Land führt auch regelmäßig gemischte Kontrollen mit dem Bund durch. Gleichzeit haben die beauftragten Betreuungsorganisationen im Zuge ihrer laufenden zweiwöchigen Quartiersbereisungen auftragsgemäß unter anderem auf allfällige vordefinierte Mängel in den Unterkünften zu achten. Durch die Beauftragung der Betreuungsorganisationen, die im NÖ Grundversorgungsgesetz als Grundersorgungsleistung vorgesehen ist, entstehen dem Land NÖ auch entsprechende hohe Kosten, die derzeit ca. 280.000 Euro im Monat betragen. Festgestellte Mängel sind von den Betreuungsorganisationen entsprechend einer vorgegebenen Richtlinie unverzüglich der zuständigen Fachabteilung mitzuteilen und von dieser werden in weiterer Folge die notwendigen Anordnungen getroffen. Bei bestimmten Arten von Mängeln, wie zum Beispiel bei schwerem Schimmelbefall, sind Zimmer unverzüglich zu räumen. Insbesondere wurde zur nachvollziehbaren Beurteilung der Quartiere und Qualitätssicherung bereits vor Jahren ein quartalsweise tagendender Quartiersbeirat eingerichtet, dessen Aufgabe die nachvollziehbare und neutrale Beurteilung der gesamten Quartierssituation in Niederösterreich ist. Im Quartiersbeirat sind neben betroffenen behördlichen Organen auch Mitglieder von NGOs vertreten. Dazu wurden auch bereits Mitarbeiter des UNHCR eingeladen und speziell dieses Gremium wurde von vielen Seiten als richtungsweisend bewertet. In diesem Gremium wird auch über allfällig notwendige Quartiersschließungen beraten. In den Jahren 2015 bis 2018 wurden über 40.000 Quartiersbereisungen durchgeführt (2015/5.600, 2016/12.600, 2017/13.000, 2018/9.300), bei denen auftragsgemäß unter anderem auch Mängel oder Vertragsverletzungen in den Quartieren zu berücksichtigen waren. Durch diese qualitätssichernden Prozesse, konnte trotz der enormen Anzahl an Quartieren auch während der Flüchtlingskrise (nahezu 700 Standorte mit über 5.000 betroffenen Räumen) ein entsprechend guter Zustand in den Quartieren gewährleistet werden. Das Entstehen diverser Mängel in den Quartieren kann schon deshalb nicht vollständig verhindert werden, weil die Mängel in vielen Fällen durch mutwilliges, grob fahrlässiges oder sorgloses Handeln der Fremden selbst verursacht werden. Mutwillige Beschädigungen an Gebäudeteilen und Inventar durch die Fremden selbst, stellen keine Einzelfälle dar. Beim Verlassen der Unterkünfte am Ende der Grundversorgung werden nicht selten Ausstattungsgegenstände oder technische Einrichtungen einfach abmontiert und mitgenommen. Die Kosten, die aus diesen Schäden und daraus resultierende Mängelbehebungen entstehen, sind von den Unterkunftsgebern zu tragen und werden nicht ersetzt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass entsprechend den gesetzlichen Vorgaben die Vertragspartner des Landes mit max. € 21,- brutto pro Tag und zu versorgender Person, das Auslangen finden und hier neben allgemeinen Betreuungsleistungen die ordnungsgemäße Unterbringung und Versorgung gewährleisten müssen. Trotz dieser Ausgangsparameter und der enormen Anzahl der Quartiersstandorte und Gesamtanzahl der Räumlichkeiten, kann infolge der vorstehend angeführten Abläufe und Prozesse ein guter Quartiersstandard gehalten werden.

Die Beratungsfirma NSA-GmbH hat in diesem Zusammenhang keine Aufgaben.
Über die festgestellten und mitgeteilten Mängel werden keine laufenden statistischen Aufzeichnungen geführt und erscheint im Hinblick auf die oben angeführte enorme Anzahl der Unterkunftsbereisungen auch nicht sinnvoll. Im Vordergrund steht vielmehr, dass festgestellte Mängel auch beseitigt werden. Die Behebung dieser Schäden wird je nach Schwere entweder durch die Fachabteilung selbst oder im Rahmen der Bereisung durch die beauftragten Betreuungsorganisationen überprüft, die dann entsprechende Vollzugsmeldungen an die Fachabteilung erbringen müssen.
Es gab keine Regressforderungen des Landes wegen Nichterfüllung vertraglicher Leistungen, da bei Nichteinhaltung oder nicht akzeptierbarer Mängel mit raschen Quartiersschließungen oder Verlegungen der betroffenen Fremden vorgegangen wird. Dies ist deshalb möglich, weil im Rahmen der Ausschreibung die vertraglichen Vereinbarungen so gehalten wurden, dass eine unverzügliche Kündigung des Vertrages durch das Land innerhalb eines Monats und eine sofortige Verlegung der Fremden möglich ist.

Mit freundlichen Grüßen

Gottfried Waldhäusl e.h.
Landesrat

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