Kassenarztmangel
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag.ª Edith Kollermann an den Landeshauptfrau-Stellvertreter für Energie, Landeskliniken und Landwirtschaft Dr. Stephan Pernkopf gemäß $ 39 Abs. 2 LGO 2001
betreffend: Kassenarztmangel am Land – wo ist die Landarztgarantie?
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner versuchte kurz vor der letzten Landtagswahl im Jänner 2018, die Bevölkerung mit einer neuen Initiative zur ärztlichen Versorgung in den Gemeinden zu beruhigen. Aufgrund der anstehenden Pensionierungswelle vieler Landärzte, wurden Maßnahmen wie unter anderem Einstiegsprämien gesetzt. Mit der „Initiative Landarzt“ startete das Land Niederösterreich am 2. Jänner 2018 ein Versprechen zur Sicherung der ärztlichen Versorgung am Land. Wenn Praxen mit einem Kassenvertrag in Niederösterreich für länger als ein Jahr trotz mehrmaliger Ausschreibung nicht besetzt werden konnten, sollte künftig die Landeskliniken-Holding einspringen und Allgemeinmediziner:innen für die Praxis bereitstellen. Dieses Konzept war bereits bei seiner Idee äußerst praxisfern, sowohl was die Verfügbarkeit, Eignung und Motivation von Allgemeinmediziner:innen aus den Kliniken als auch die Benutzbarkeit von seit mehr als einem Jahr leerstehenden Ordinationen betrifft.
Diese „Landarztgarantie“ scheint nun 5 Jahre nach dem Versprechen immer noch nicht zu greifen. Zum derzeitigen Zeitpunkt sind 14 Kassenplanstellen für Allgemeinmedizin in Niederösterreich nicht besetzt. Manche wie in Aspangberg‐St. Peter sind seit 01.01.2016 vakant. Im Bereich der Kinder-und Jugendheilkunde sind auch mehrere Kassenstellen seit 01.01.2016 vakant. All diese vakanten Stellen sind in einem Flächenland wie Niederösterreich ein trauriges Mahnmal für fehlgeleitete Gesundheitspolitik.
Seitens der Landesregierung oder gar der Landeshauptfrau „Garantien“ gegenüber der Bevölkerung auszusprechen, bedarf einer besonderen Achtsamkeit, da gerade das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik nicht gerade als hoch eingeschätzt wird und Versprechen, die man nicht ansatzweise halten kann, dieses so notwendige Vertrauen weiter beschädigen.
Die Gefertigte stellt daher folgende
ANFRAGE
- In wie vielen Fällen kam die Landarztgarantie seit 2018 bis zum Datum der Anfrage zum Tragen? (bitte um Auflistung nach Gemeinden, Vollzeitäquivalenten (VZÄ), Wochenstunden je VZÄ in der Landarztpraxis sowie den Zeitraum der Zur- Verfügung-Stellung)
- Welche offenen Kassenstellen wurden zu welchem Zeitpunkt im Rahmen der Landarztgarantie von Spitalsärzten übernommen?
a. Wie lange werden/wurden diese offenen Kassenstellen im Rahmen der Landarztgarantie von Spitalärzten übernommen? - Kam es von Ihrer Seite zu einer Evaluierung der Landarztgarantie?
a. Wenn ja, welche Stelle wurde damit beauftragt und kam es zu einer internen oder einer externen Bewertung?
b. Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam diese Evaluierung?
c. Wenn nein, wieso nicht? - Welche Kosten sind für die Umsetzung der Landarztgarantie seit 2018 angefallen? (Bitte um Aufstellung nach Einsatzorten und Trennung nach Personal- und Sachkosten)
Beantwortung
Dr. Stephan Pernkopf
LH-Stellvertreter
Herrn Präsident des NÖ Landtages
Mag. Karl Wilfing
im Hause
LHSTV-P-L-397/289-2022
St. Pölten, am 10. Jänner 2023
Sehr geehrter Herr Präsident!
Zur Anfrage der Abgeordneten Mag. Edith Kollermann betreffend „Kassenarztmangel am Land – wo ist die Landarztgarantie?“, zu Zahl Ltg.-2395/A-4/365-2022, darf ich folgende Beantwortung, sofern mein Zuständigkeitsbereich betroffen ist und dies dem Anfragerecht unterliegt, übermitteln:
Die Verteilung und Besetzung von Kassenstellen liegt in der Zuständigkeit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) in Abstimmung mit der Ärztekammer (ÄK). Ende 2022 waren demnach rund 96 % aller Kassenplanstellen für Ärzte/innen für Allgemeinmedizin besetzt. Weil aber die Besetzung der Kassenstellen für Allgemeinmedizin nicht überall zufriedenstellen funktionierte, wurde bereits im Jahr 2018 mit der damaligen Landeskliniken Holding ein zeitlich befristetes Projekt aufgesetzt, mit dem Ziel, die Situation zu entlasten. Mit der sogenannten „Landarztgarantie“ konnten Gemeinden unter bestimmten Bedingungen Aushilfsärzte aus dem Klinikenbereich anfordern (stundenweise und befristet auf ein Jahr). Mit dem Ausbruch der Covid-Pandemie wurden diese Einsätze praktisch unmöglich.
Konkret wurden sechs Anträge seitens Gemeinden eingebracht:
Die Gemeinden Gresten und Mauer konnten mit dem Instrument der Landarztgarantie unterstützt werden.
In Purgstall wurde ein Gesundheitszentrum eingerichtet und damit der Bedarf erfüllt. Die Gemeinden St. Georgen am Ybbsfelde und Groß Siegharts haben ihren Antrag zurückgezogen. Der Antrag der Gemeinde Mistelbach wurde abgelehnt, da die Kriterien nicht erfüllt wurden.
Am 15. Dezember 2022 konnte schließlich eine Lösung zum weiteren Ausbau der hausärztlichen Versorgung in Niederösterreich durch die Österreichische Gesundheitskasse und der Ärztekammer vorgestellt werden: die „blau-gelbe Gesundheitsoffensive“. Eine Kooperation, die auf Vermittlung des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds (NÖGUS) erreicht wurde. Dabei wird ein Ärzte-Bereitstellungsdienst durch Gesundheitskasse und Ärztekammer aufgebaut, der nicht besetzbare Kassenplanstellen interimistisch versorgt und somit das Aushilfs-Projekt der ehemaligen Landeskliniken Holding ablöst.
Mit freundlichen Grüßen
LH-Stv. Dr. Stephan Pernkopf eh.