Hochwasserschutz in NOE

Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Edith Kollermann an Dr. Stephan Pernkopf LH-Stellvertreter für Energie/Wissenschaft/Landwirtschaft gemäß § 39 Abs. 2 LGO 2001
betreffend: Hochwasserschutz in Niederösterreich_Lehren aus der Vergangenheit für Maßnahmen der Zukunft
Die Hochwasser-Katastrophe und deren Auswirkungen sind für die niederösterreichische Bevölkerungen immer noch spürbar. Während monetär der Landtag schnell einen Beschluss fasste, die Opfer dieser Katastrophe zu unterstützen, beschäftigen die politischen und konzeptuellen Konsequenzen immer noch die niederösterreichischen Bürger:innen. Trassenführungen, Mängel an Dämmen sowie Flächenwidmungen müssen hier ex-post betrachtet und überprüft werden. Nur so können Lehren für die Zukunft gezogen und Schaden von unseren niederösterreichischen Bürger:innen abgewendet werden. Dämme sind gebrochen, Pendler:innen wurden fast buchstäblich im Regen stehen gelassen und kritische Infrastruktur beschädigt. Dementsprechend sind hier viele offene Fragen, bei denen es der Aufklärung bedarf. Die Gefertigte stellt daher an Dr. Stephan Pernkopf folgende
Anfrage
1. Bei welchen Dämmen in Niederösterreich wurden in den letzten 27 Jahren Mängel festgestellt und welcher Art waren diese? (Bitte um Angabe pro Standort)
a. Wurden all diese Mängel behoben?
b. Wie lange dauerte es vom Bekanntwerden bis zur fertigen Sanierung des jeweiligen Dammes? (Bitte um Angabe der Zeitdauer pro Standort und Projekt)
2. Mit welchen niederösterreichischen Gemeinden wurden konkrete Gespräche hinsichtlich des Hochwasserschutzes in den letzten 5 Jahren geführt?
3. Welche konkreten Maßnahmen wurden mit diesen Gemeinden in den letzten 5 Jahren beschlossen?
4. Zu welchem Zeitpunkt wurden Gespräche mit den obig nachgefragten niederösterreichischen Gemeinden geführt?
5. Gibt es in Niederösterreich noch Dämme, welche zum jetzigen Zeitpunkt sanierungsbedürftig sind?
a. Wenn ja, welche sind diese und um welche Art von Schäden/Sanierungsbedarf handelt es sich?
6. Welche Konsequenzen zieht das Land NÖ bzw. Ihr Büro aus den offen zu Tage getretenen Mängeln an den Dämmen Niederösterreichs?
7. Welche Anpassungsmaßnahmen sind in den nächsten 5 Jahren in Niederösterreich geplant, um solche Hochwasserkatastrophen zu verhindern und die niederösterreichische Bevölkerung und ihre Wohnungen/Häuser zu schützen?
8. Gibt es Gutachten des Landes Niederösterreich bezüglich des Hochwasserschutzes?
a. Wenn ja, sind diese öffentlich einsehbar?
b. Wenn nein, wieso nicht?
Beantwortung
Dr. Stephan Pernkopf
LH-Stellvertreter
St. Pölten, am 5. Dezember 2024
Herrn Präsident
des NÖ Landtages
Mag. Karl Wilfing
im Hause
LHSTV-P-L-397/334-2024
Sehr geehrter Herr Präsident!
Zur Anfrage der Abgeordneten Kollermann betreffend „Hochwasserschutz in
Niederösterreich_Lehren aus der Vergangenheit für Maßnahmen der Zukunft“, zu Zahl
Ltg.- 569/XX-2024, darf ich folgende Beantwortung, sofern mein Zuständigkeitsbereich
betroffen ist und dies dem Anfragerecht unterliegt, übermitteln:
Zu Beginn ist auszuführen, dass es sich bei Dämmen um
gem. § 41 Wasserrechtsgesetz 1959 bewilligungspflichtige Schutz- bzw.
Regulierungsbauten handelt. Konsenswerber für derartige Anlagen sind in der Regel
einzelne bzw. zu einem Wasserverband zusammengeschlossene Gemeinden. Sobald
ein eingereichtes Projekt bewilligt und umgesetzt ist, trifft den Inhaber des
Wasserrechts die gem. § 50 leg.cit. bestehende Instandhaltungsverpflichtung. Die
Anlagen sind folglich in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn
dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, dass keine Verletzung
öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Die Vollziehung des
Wasserrechts erfolgt im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung.
Das Land Niederösterreich tritt im Bereich des Hochwasserschutzes insbesondere als
Beratungs- und Förderstelle auf. Beratungen finden laufend statt (sowohl bezüglich
Hochwasserschutzbauten, als auch der damit zusammenhängenden Instandhaltung).
Konkrete Beschlüsse werden jedoch innerhalb der jeweiligen Interessentengemeinde
bzw. des jeweiligen Interessentenverbandes getroffen.
Der Förderwerber – also die Interessentengemeinde bzw. der jeweilige Verband
verpflichtet sich nach Fertigstellung einer Hochwasserschutzmaßnahme die
ordnungsgemäße Instandhaltung (z.B. Pflege- und Kontrollmaßnahmen) und den
Betrieb zu übernehmen. Instandhaltungsmaßnahmen werden von den Gemeinden
bzw. Verbänden laufend durchgeführt und von Bund und Land NÖ zu jeweils einem
Drittel gefördert. Im Zuge dessen werden auch gewisse Sanierungsarbeiten (z.B.
Ufereinrisse) durchgeführt.
Nach Hochwasserereignissen werden unmittelbar Maßnahmen zur Vermeidung von
Schadensausweitungen (z.B. Räumung von Flüssen und Bächen, Rückführung in das
ursprüngliche Bett, Behebung von örtlichen Ufer- und Dammschäden, Sanierung von
Rutschungen, etc.) durchgeführt.
Umfangreiche Sanierungsprojekte – insb. an älteren Dammanlagen – sind in der Regel
bewilligungspflichtig. Derartige Verfahren nehmen aufgrund der zum Teil
unterschiedlichen Interessen der involvierten Verfahrensparteien wesensgemäß Zeit in
Anspruch. Dies gilt umso mehr, wenn zusätzlich auch außerplanmäßige
Einflussfaktoren (z.B. der Artenschutz) auf die jeweiligen Verfahren einwirken.
Zudem ist anzumerken, dass es sich nach dem bisherigen Stand der hydrologischen
Abflussuntersuchungen bei dem Hochwasserereignis in Niederösterreich mancherorts
um ein über 300-jährliches Hochwasserereignis gehandelt hat.
Hochwasserschutzbauten werden in Österreich auf ein 100-jährliches
Bemessungsereignis ausgelegt. Aus diesem Grund kam es in manchen Bereichen
zum Überströmen von Dammanlagen (z.B. entlang der Perschling). Bei einem derart
extremen Abflussereignis ist auch das Risiko eines Dammbruchs (auch bei neu
errichteten oder frisch sanierten Dämmen) leider nie auszuschließen.
Seit dem Jahr 2002 wurden in Niederösterreich etwa 800 Hochwasserschutzprojekte
umgesetzt und als Resultat über 300 Gemeinden sicherer gemacht. Seitdem wurden
annähernd 1,6 Mrd. Euro in den Hochwasserschurz investiert.
Im Bereich der Hochwasserschutzsanierung sind hier die Projekte an den
Marchdämmen (Investitionsvolumen 110 Mio. Euro), den Marchfeldschutzdämmen
entlang der Donau (Investitionsvolumen 100 Mio. Euro) und des
Hochwasserschutzdammes für die Flüsse Krems, Kamp und Donau
(Investitionsvolumen 15 Mio. Euro) zu erwähnen. Seit 2019 stehen bzw. standen
215 Hochwasserschutzprojekte in Umsetzung. Damit wurden über 400 Mio. Euro in
den Hochwasserschutz investiert.
Darüber hinaus wurde ein Hochwasserschutzpaket geschnürt, das eine rasche
bauliche Umsetzung von erforderlichen Schutzprojekten (Neubau und Sanierungen)
ermöglichen soll. Dafür wurde bereits in der Landtagssitzung am 21.11.2024 ein
Nachtragsbudget beschlossen, mit dem für 2024 und 2025 insgesamt zusätzliche
23 Mio. Euro an Landesmitteln zur Verfügung gestellt werden können, die Investitionen
in der Höhe von rund 60 Mio. Euro in den Hochwasserschutz und damit in die
Sicherheit Niederösterreichs auslösen.
Neben der sukzessiven Realisierung von Großprojekten wird in Niederösterreich
ebenfalls eine Vielzahl von regionalen Projekten zum Schutz von kleineren
Überflutungen für Gemeinden umgesetzt. Laufend stehen zwischen
40 und 50 Maßnahmen in Bauphase. Die neuen Erkenntnisse im Zusammenhang mit
dem Hochwasser im September 2024 fließen in Evaluationen ein. Diese werden vom
Land Niederösterreich gemeinsam mit führenden Experten durchgeführt. Neben den
laufenden Instandhaltungsmaßnahmen werden insbesondere das Ausbauprogramm
forciert, das bestehende Prognosesystem ausgebaut und Sonderalarmpläne
ausgebaut.
Begutachtungen von konkreten Hochwasserschutzanlagen wurden allenfalls von den
jeweiligen Betreibern veranlasst und können derartige Informationen daher auch nur
von diesen erlangt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Pernkopf e.h.