Gebarungsprüfung der Marktgemeinde Vösendorf

15. November 2024

D R I N G L I C H K E I T S A N T R A G

der Abgeordneten Weninger, Mag.a Collini, Kocevar, Mag. Hofer-Gruber, Pfister, Mag.a Kollermann, Prischl, Mag. Samwald, Mag.a Scheele, Schindele, Schmidt, Schnabl, Dr. Spenger, Mag.a Suchan-Mayr und Zonschits

gemäß § 33 LGO 2001

betreffend: Gebarungsprüfung der Marktgemeinde Vösendorf durch die Aufsichtsbehörde des Landes unter Beiziehung des Landesrechnungshofes

1. Zur Dringlichkeit: Wie Medien in den letzten Tagen und Wochen berichteten, hat der Bürgermeister von Vösendorf private Anwaltskosten der Gemeinde als „Beratungskosten“ für die Anschaffung eines neuen Feuerwehrautos abgerechnet. Dafür wurde die Honorarnote des Rechtsanwalts vom Bürgermeister eigenmächtig abgeändert. Konkret ging es um eine Summe von 1.129,32 Euro, die der Bürgermeister von der Gemeinde auch refundiert erhalten und erst nach Bekanntwerden der Causa wieder an die Gemeinde rücküberwiesen haben soll. Deshalb ermittelt die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt bereits wegen der Delikte der Urkundenfälschung (§ 223 StGB) und der Untreue (§ 153 StGB).

Nach Bekanntwerden der strafrechtlichen Erhebungen gegen den ÖVP-Bürgermeister wurde der Gemeinderat infolge des Rücktritts aller ÖVP Mandatare – mit Ausnahme des Bürgermeisters – aufgelöst. Kurz vor der Auflösung des Gemeinderates wurde noch eine Sitzung des Prüfungsausschusses, die der Prüfung weiterer Rechnungen des Bürgermeisters hätte dienen sollen, durch Intervention im Auftrag des Bürgermeisters verhindert. Anschließend wurden den Gemeindevorstandsmitgliedern vom Bürgermeister die Kompetenzen entzogen. Es ist daher dringend geboten, dass der vorliegende Sachverhalt seitens der Gemeindeaufsicht umgehend und lückenlos aufgeklärt wird. Das Ergebnis der Überprüfung muss jedenfalls vor der Neuwahl des Gemeinderates vorliegen. Schließlich hat der Bürgermeister auch angekündigt, wieder als Spitzenkandidat kandidieren zu wollen.

Darüber hinaus wird auf die Ausführungen unter Punkt 2. verwiesen.

2. Inhaltliche Ausführungen: Gemäß § 85 Abs. 1 der NÖ Gemeindeordnung übt das Land die Aufsicht über die Gemeinden – insbesondere hinsichtlich der Einhaltung der Rechtsnormen bei der Besorgung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches – aus. Gemäß § 86 Abs. 1 leg. cit. ist die Landesregierung Aufsichtsbehörde hinsichtlich der Gemeindegebarung. Abseits der strafrechtlichen Komponente gilt es hier aber auch aufzuklären, ob die Gebarung der Marktgemeinde Vösendorf auch gemäß den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit geführt wurde. Zur Unterstützung der Aufsichtsbehörde soll der Landesrechnungshof hinzugezogen werden. Eine Sonderprüfung der Gemeindegebarung gemäß § 89 der Gemeindeordnung – welche gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 7944/1976) jedes Verhalten, welches finanzielle Auswirkungen auf die Einnahmen, Ausgaben und den Vermögensstand hat, umfasst – auch durch die NÖ Landesregierung ist daher unumgänglich. Dies auch um

1. zu verifizieren, ob die Verbuchung der privaten Anwaltshonorarnote des Bürgermeisters als Anschaffung für ein Feuerwehrauto tatsächlich ein Einzelfall war

2. auch den Vorsitzenden und die Mitglieder des Prüfungsausschusses dahingehend zu unterstützen, dass diesen der Umfang der Gebarungsprüfung aufgezeigt wird.

Es gibt darüber hinaus laufend Hinweise, dass der nunmehr ohne Kontrolle agierende Bürgermeister weit über die notwendige Geschäftsführung der Gemeindeverwaltung hinausgehende Tätigkeiten mit Kostenwirksamkeit für die Gemeinde entfaltet und dabei keine Befassung der Mitglieder des Gemeindevorstandes vornimmt. Zu prüfen ist aus diesem Grund auch dringend, ob im Zeitraum der alleinigen Amtsführung des Bürgermeisters seit Jänner 2024

3. die vorgenommenen Verwaltungsakte den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit entsprechen,

4. gemäß § 94 Abs. 3 Gemeindeordnung tatsächlich nur unaufschiebbare Geschäfte der Gemeinde erledigt werden,

5. die Einhaltung der geltenden Vergabe-Schwellenwerte gewahrt sind, und

6. ausgeschlossen werden kann, dass Ressourcen der Gemeinde (sowohl Sachleistungen als auch Personal) zur Wahlkampagne der Wahlpartei des Bürgermeisters in Anspruch genommen werden.

Die Gefertigten stellen daher den

Antrag

Der Hohe Landtag wolle beschließen:

Die Landesregierung wird aufgefordert, gemäß den Bestimmungen der §§ 85 und 86 der NÖ Gemeindeordnung eine Prüfung der Gebarung (III. Hauptstück der NÖ Gemeindeordnung) der Marktgemeinde Vösendorf für

1. den Zeitraum der gesamten Funktionsperiode des Gemeinderates sowie

2. den Zeitraum nach Auflösung des Gemeinderates ab Jänner 2024, in welchem der Bürgermeister gemäß § 94 Abs. 3 der Gemeindeordnung die Geschäfte führt,

vorzunehmen, wobei der Landesrechnungshof gemäß Art. 51 Abs. 3a der NÖ Landesverfassung um Erstellung eines entsprechenden Gutachtens ersucht werden soll. Diese ist bis spätestens 2. April 2024 abzuschließen. Bei der Prüfung des Zeitraumes gemäß Zi. 2 soll auch geprüft werden, inwieweit

a. tatsächlich nur unaufschiebbare Geschäfte der Gemeinde erledigt werden,

b. die Einhaltung der geltenden Vergabe-Schwellenwerte gewahrt sind, und

c. ausgeschlossen werden kann, dass Ressourcen der Gemeinde (sowohl Sachleistungen als auch Personal) zur Wahlkampagne der Wahlpartei des Bürgermeisters in Anspruch genommen werden.“

Gemäß § 33 LGO 2001 wird beantragt, dass dieser Antrag im Landtag ohne Ausschussberatung zur Behandlung gelangen möge sowie, dass dieser Antrag zu Beginn der Sitzung vom 22.02.2024 verhandelt werde.

Behandlung und Beschluss – 12. Landtagssitzung

 

Beantwortung
AMT DER NIEDERÖSTERREICHISCHEN LANDESREGIERUNG
Gruppe Innere Verwaltung Abteilung Gemeinden
3109 St. Pölten, Landhausplatz 1

 

St. Pölten, 13.02.2024

Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, 3109

An den
Präsidenten des Landtages
von Niederösterreich

Betrifft Prüfung der Marktgemeinde Vösendorf durch die Gemeindeaufsicht; Entschließung des NÖ Landtages, Ltg.-335/XX-2024

Sehr geehrter Herr Präsident!

Der Landtag von Niederösterreich hat mit Beschluss vom 22. Februar 2024, Ltg.-335/XX-202, die NÖ Landesregierung ersucht eine Prüfung der Gebarung der Marktgemeinde Vösendorf insbesondere der letzten sieben Jahre ab Beschlussfassung dieses Antrages vorzunehmen. Das Ergebnis der Gebarungsprüfung wurde mit Schreiben vom 29. April 2024, IVW3-A-3172301/010-2024, der Marktgemeinde Vösendorf übermittelt, die das Ergebnis der Gebarungsprüfung auf ihrer Internetseite veröffentlicht hat.

Die NÖ Landesregierung beehrt sich, dies zu berichten.

NÖ Landesregierung
Dipl.-Ing. S c h l e r i t z k o
Landesrat
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