Der Impfplan des Landes NÖ –
eine Blackbox
ANFRAGE
der Abgeordneten Mag.ª Edith Kollermann an Landesrätin für Soziale Verwaltung, Gesundheit und Gleichstellung Ulrike Königsberger-Ludwig gemäß § 39 Abs. 2 LGO 2001
betreffend: Der Impfplan des Landes Niederösterreich – eine Blackbox
Der Impfplan des Landes Niederösterreich musste in den letzten Wochen einiges an Kritik aushalten. Die Organisation des Impfplanes verlief nicht ohne Probleme. Patientenanwalt Gerald Bachinger beurteilte den Start der Impfanmeldungen in Niederösterreich als „holprig“ und „nicht
erfolgreich“. Zwar gibt es laut Bachinger auch in den anderen Bundesländern immer wieder Beschwerden wegen der Anmeldung, „aber dieses hohe Beschwerdeaufkommen, auch mit diesen Emotionen, die wir derzeit rückgemeldet bekommen, dürfte bei uns einzigartig sein.“
(vgl. https://noe.orf.at/stories/3090996/)
Doch nicht nur das sorgt für Ärger in Niederösterreich. Der nationale Corona-Impfplan sieht vor, dass in Phase 1 insbesondere Bewohner_innen und Personal von Alten- und Pflegeheimen, über-80- Jährige, besonders Gefährdete sowie Personal im Gesundheitsbereich der Kategorien I und II und in Phase 2 u.a. Personen ab 65 sowie Personal im Gesundheitsbereich der Kategorien III und IV geimpft werden.
Dass die älteren Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen prioritär geimpft werden sollen, bedeutet das Entschärfen der Gesamtsituation, selbst wenn es durch die ebenso notwendigen Öffnungsschritte oder durch Virusmutationen wieder zu einem stärkeren Infektionsgeschehen kommen sollte. Denn nicht das Virus an sich ist allgemein gefährlich, sondern die schweren Verläufe bei Risikogruppen und die damit verbundene Überlastung des Gesundheitssystems.
Niederösterreich liegt jedoch weit hinter den Durchimpfungsraten von Oberösterreich oder Kärnten bei den Risikogruppen. Leider haben die Covid-Durchimpfungsraten nach Altersgruppen aber – wie zuvor beschrieben – unmittelbare Konsequenzen. So zeigt sich in der Steiermark und in Niederösterreich die höchste Sterblichkeit. Im Sieben-Tagesschnitt gibt es hier 4,6 bzw. 4,2 Covid- Todesfälle pro Million Einwohner. In Oberösterreich ist im Vergleich nur ein Todesfall zu verzeichnen.
Zudem wird in Niederösterreich meist der Impfstoff von Pfizer verwendet (114.995 Personen – Stand 2.3.), so dass die angeblich fehlende Akzeptanz beim Impfstoff von AstraZeneca sowie die bis vor kurzem fehlende Freigabe von Seiten des nationalen Impfgremiums von AstraZeneca für Ü65 jährige nicht als Argumente gelten können.
Aufgrund der oben gennannten Zahlen stellt die Gefertigte folgende
ANFRAGE
-
- Auf Basis welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse weicht das Land NÖ bei der Impf- Priorisierung von den Empfehlungen des „Nationalen Impfgremiums“ ab?
- Welche Personengruppen wurden bis dato in Niederösterreich geimpft und in welchem Ausmaß absolut und prozentuell? (Bitte um Angabe des Berufstands, der jeweiligen Altersgruppen, sowie gegebenenfalls der Verwendungsgruppe)
- Wie viele Dosen Impfstoff welches Herstellers werden derzeit seit Impfstart in Niederösterreich pro Kalenderwoche verimpft? (Bitte um Auflistung pro Hersteller, Berufsgruppe, Altersgruppe und gegebenenfalls Verwendungsgruppe)
- Wie viele Dosen Impfstoff welches Herstellers hat das Land Niederösterreich insgesamt gelagert? (Bitte um Aufschlüsselung des Bestands pro Kalenderwoche seit Impfstart pro Hersteller)
- Wie viele Dosen Impfstoff welches Herstellers wurden dem Land Niederösterreich bis dato von Seiten des Bundes zugewiesen? (Bitte um Angabe der Anzahl der Dosen pro Hersteller)
a. Wie viel davon wurden vom Land Niederösterreich abgerufen? (Bitte um Angabe in absoluten sowie prozentualen Zahlen) - Aus welchen Gründen lagerte das Land Niederösterreich 142.095 Dosen Impfstoff (Stand 2.3.2021 0:00) und verimpfte diese nicht?
a. Von welchem/n Hersteller/n sind die oben genannten Dosen Impfstoff? (Bitte um Angabe der gelagerten Dosen pro Hersteller)
b. Wie ist der aktuelle Stand zum Zeitpunkt 9.3.2021 - In welchen Standorten wird welcher Impfstoff wie oft verimpft? (Bitte um Aufstellung pro Standort)
- Aus welchen Gründen findet die Anmeldung bezüglich eines Impftermins für Personen 80+ ausschließlich online statt?
- Aus welchen Gründen wird bei der Anmeldung bezüglich eines Impftermins für Personen 80+ nicht telefonisch nacherfasst?
- Wieviel Beschwerden sind bei Ihnen bezüglich des Impfanmeldesystems eingelangt? (Bitte um Angabe pro Kalenderwoche seit Impftstart)
Beantwortung
Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG
LANDESRÄTIN FÜR SOZIALE VERWALTUNG, GESUNDHEIT UND GLEICHSTELLUNG
Herrn
Landtagspräsidenten
Mag. Karl Wilfing
im Hause
St. Pölten, am 20. 4. 2021
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident!
Die im Rahmen der Landtagsanfrage der Abgeordneten Mag. Edith Kollermann betreffend „Der Impfplan des Landes Niederösterreich- eine Blackbox“, eingebracht am 09. März 2021, Ltg. 1507/A-5/315-2021, an mich gerichteten Fragen beantworte ich soweit diese in meine Zuständigkeit fallen und vom Anfragerecht umfasst sind, wie folgt:
Zu 1:
Es gibt keine Abweichungen zu dem per Erlass/Regierungsbeschluss der Bundesregierung festgelegten bundesweiten Impfplan in der jeweils gültigen Fassung. Bis zum 05.03.2021 war es nicht möglich mit dem Impfstoff von Astra Zeneca Personen über 65 Jahre und mit besonders hohem Risiko zu impfen. Die Impfstoffzuteilung in den ersten sechs Wochen wurde nicht aufgrund des Bevölkerungsschlüssels getroffen (18,9%), sondern aufgrund der BewohnerInnen in den Alten- und Pflegeheimen. Daher bekam NÖ um bis zu einem Drittel weniger als andere Bundesländer, wo mehr Personen in Alten- und Pflegeheimen wohnen (z.B. Wien, OÖ, Stmk).
Zu 2:
Die Impfungen werden verpflichtend im E-Impfpass eingetragen. Eine Erfassung des Berufsstandes ist hier nicht vorgesehen. Mit Stand 13.04. wurden Erstimpfungen in folgenden Altersgruppen in Abhängigkeit der Bevölkerungszahl in der jeweiligen Gruppe verabreicht.
Zu 3:
Anbei eine Auflistung der Verimpfung seit Impfstart nach Wochen, nach Hersteller und nach Altersgruppe. Eine Auswertung je Berufsgruppe ist im E-Impfpass nicht möglich.
Zu 4:
Das Land NÖ lagert keine einzige Impfstoffdose. Eine kurzfristige Lagerung kann in einer Impfstelle erfolgen, wenn der Liefertag mit dem Impftag nicht zusammenfällt bzw. vorbereitend geliefert wird. Nicht abgerufene Bestände im BBG Shop sind „fiktiv“, diese stehen zum Abruf zwar bereit, jedoch sind diese physisch noch nicht verfügbar. Diese wurden vor allem für die Zweitdosis geplant.
Zu 5:
Siehe Punkt 3. Alle physisch verfügbaren Impfstoffe werden abgerufen
a.
Zu 6:
Diese Lagermengen sind zwar im E-Shop der BBG elektronisch verfügbar, jedoch eine Auslieferung ist erst in den Tagen bis Wochen darauf möglich. Der Stand mit 9.3.2021 beträgt 58.077 Dosen.
Zu 7:
Siehe Anlage 1 (Impfstellen anonymisiert), eine Anzahl der Impfungen je Impfstelle ist nicht möglich, da diese Daten nicht im E-Impfpass vorhanden sind. Es werden aber alle gelieferten Impfdosen verimpft. Durch sich laufend ändernde Impfstoffmengen werden zum Teil auch unterschiedliche Impfstoffe je Impfstelle verimpft.
Zu 8:
Aus organisatorischen Gründen wurde auf Grund der Menge der zu bearbeitenden Anmeldungen eine Online-Anmeldung gewählt. Auf Grund der Menge an Anfragen hätte eine telefonische Hotline zu einer technischen Überlastung geführt.
Zu 9:
Viele Gemeinden, Vereine und Organisationen haben sich bereit erklärt, eine telefonische oder persönliche Anmeldung für die ältere Generation durchzuführen.
Diese haben dazu sogar extra eigenen Benutzer für die Impfterminbuchungsplattform erhalten. 23% aller Termine wurden bis 15.03. über diese Benutzer gebucht.
Zu 10:
Anbei eine tabellarische Auflistung kategorisierter Beschwerden des Ticketsystems (ohne Anfragen zum Ablauf):
Mit freundlichen Grüßen
Königsberger-Ludwig e.h.
Anlage 1: Impfstellen