Datenqualität in der Statistik für BMS

19. September 2018

Anfrage

der Abgeordneten Mag.a Kollermann an Landesrat Waldhäusl gemäß § 39 Abs. 2 LGO 2001

betreffend: „Datenqualität in der Statistik für bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) der Statistik Austria“

Die „Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung“ trat am 1. Dezember 2010 in Kraft und löste in großen Teilen die Sozialhilfe ab. Diese Bund-Länder-Vereinbarungverpflichtet die Länder auch zur Übermittlung statistischer Daten an den Bund (Statistik Austria).

Kürzlich hat die Statistik Austria aktuelle Daten zur Mindestsicherungsstatistik veröffentlicht. In einer Presseaussendung dazu (Pressemitteilung der Statistik Austria: 11.853-164/18) findet sich ein Vermerk, der die Qualität der aus Niederösterreich übermittelten Daten bemängelt¹.

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Dies veranlasste die Gefertigte zu einer weiterführenden Recherche, bei der zu Tage trat, dass das Land Niederösterreich zumindest in den vergangenen sieben Jahren offenbar nicht in der Lage war, die Vorgaben hinsichtlich der Datenübermittlung an die Statistik Austria zu erfüllen und entsprechend, wiederholt fehlende Vollständigkeit und Qualität der Daten im Zuge der periodischen Veröffentlichungen der Statistik Austria bemängelt wurden.

Aus den Statistischen Nachrichten 2017:

„Was die Vollständigkeit der Daten betrifft, so fehlen im verpflichtenden Erhebungsteil wiederum lediglich zwei Angaben im Bereich der Bezugsdauer (Niederösterreich, Steiermark)²“

Ebenda aus dem Jahr 2016:

„Die verpflichtenden Daten liegen fast vollständig vor, es fehlen lediglich zwei Angaben im Bereich der Bezugsdauer (Niederösterreich, Steiermark)³“

Zusammenfassend entsteht seitens der Gefertigten nachstehender Eindruck:

  • Seit Jahren ist es Niederösterreich nicht gelungen, die erforderlichen Daten in entsprechender Qualität – vereinbarungsgemäß – an den Bund zu übermitteln.
  • Wirksame Konsequenzen, die zu einer Verbesserung der Situation geführt hätten, können keine ausgemacht werden, da die Kritik an Datenqualität und Datenübermittlung seit Jahren besteht.
  • Mit der Umstellung auf die neue Mindestsicherungsstatistik zeigt sich, dass Niederösterreich diesbezüglich zu den Schlusslichtern gehört und es stellt sich die Frage, ob Niederösterreich – durch fristgerechte Umsetzung der Vereinbarungen – hier in Zukunft den Verpflichtungen nachkommen kann.
  • Dies ist insofern schwerwiegend, als die NÖ-BMS Lösung als verfassungswidrig aufgehoben wurde und gerade bei einem polarisierenden Thema Statistiken wichtig sind für eine evidenzbasierte Diskussion.

 

Die Gefertigte stellt daher an LR Waldhäusl folgende

Anfrage

Anfrage

1)  Haben Sie davon Kenntnis, dass und warum es dem Land Niederösterreich bisher nicht möglich war, die 2010 vereinbarten Verpflichtungen bezüglich der Mindestsicherungsstatistik einzuhalten?

2)  Wurden Sie bei Übernahme der Amtsgeschäfte als zuständiges Regierungsmitglied von Ihrem Vorgänger auf den Umstand der jahrelang bemängelten Datenqualität hinsichtlich der bedarfsorientierten Mindestsicherung hingewiesen?

a)  Wenn ja, was haben Sie diesbezüglich seither unternommen
b)  Wenn nein, wann erlangten Sie von diesem Umstand Kenntnis? i) Was haben Sie in diesem Fall seit Kenntnisnahme in dieser Angelegenheit unternommen?

3)  Gab es von Seiten des Bundes diesbezüglich Konsequenzen (z.B. Verbesserungsaufträge etc.), denen das Land Niederösterreich nachkommen hätte müssen, weil die entsprechenden Daten nicht vollständig übermittelt wur den?

4)  Gab es innerhalb der niederösterreichischen Landesverwaltung Konsequen zen für das Missachten der 15a Vereinbarung?

a)  Wenn ja, welche?
b)  Wenn nein, warum nicht?

5)  Wurden bereits Schritte gesetzt, um das neue (informelle) Bund-Länder-Über- einkommen bezüglich der Mindestsicherungsstatistik in laufender Über- gangsfrist umzusetzen?

a)  Wenn ja, welche?
b)  Wenn nein, warum nicht?

6)  Wie erklären sich die Lücken bzw. die bemängelte Datenqualität in der aktuellen BMS-Statistik?

7)  Können Sie als zuständiges Regierungsmitglied in Zukunft gewährleisten, dass
nach Ablauf der Übergangsfrist das Land Niederösterreich allen Verpflichtungen bezüglich der Mindestsicherungsstatistik nachkommen wird?

8)  Gibt es einen Austausch mit jenen Bundesländern, die jetzt schon alle Verpflichtungen erfüllen?

a)  Wenn nein, warum nicht?
b)  Wenn ja, was sind Ihre daraus abgeleiteten Maßnahmen?

Beantwortung

Gottfried Waldhäusl
Landesrat

Herrn
Präsident des NÖ Landtages
Mag. Karl Wilfing
Im Hause

St. Pölten, am 4. Oktober 2018

Sehr geehrter Herr Präsident!

Zur Anfrage der Abgeordneten Mag.a Kollermann betreffend „Datenqualität in der Statistik für Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) der Statistik Austria“, Ltg.- 352/A-5/48-2018, darf Ich folgendes mitteilen:

Am 2. Dezember 2010 wurde die Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Artikel 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung kundgemacht.
Da auch keine einheitliche Grundlage für die Ländermeldungen von Sozialhilfedaten an die Statistik Austria bestand, wurden die Beratungen zu einer Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung zum Anlass genommen, in einer eigenen Unterarbeitsgruppe die Optimierungspotenziale in diesem Bereich eingehend zu erörtern. Bund, Länder und die Statistik Austria haben ein Raster für eine Gesamtstatistik erstellt, welcher einen Überblick über eine gesamtösterreichische, bundesländerweit vergleichbare und zuverlässige Datenlage gewährleistet. Die erforderlichen Daten bildeten einen Anhang (Anlage „Statistik“) zur Artikel 15a Vereinbarung.

Seit 2011 werden vom Land NÖ Daten, welche der „Anlage Statistik“ entsprechen, an den Bund übermittelt und bilden die Grundlage für eine jährliche gesamtösterreichische, bundesländerweit vergleichbare und zuverlässige Datenlage.

Im Jahr 2015 wurde im Rahmen einer Bund-Länder-Unterarbeitsgruppe die Weiterentwicklung der BMS-Statistik beschlossen. Die „neue“ Statistik soll auf nicht aggregierten Länderdaten aufbauen und Unklarheiten der Mindestsicherungs-statistik beseitigen, um eine bessere Harmonisierung der Daten zu erreichen. Weiters soll die Statistik um wesentliche Merkmale zu den BMS-Bezieherinnen erweitert werden.

Die Länder und der Bund haben beschlossen, auch nach Auslaufen der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung mit Ende des Jahres 2016 im Rahmen der Bund-Länder- Unterarbeitsgruppe an der Weiterentwicklung der BMS-Statistik zu arbeiten.

Als Ergebnis der Unterarbeitsgruppe wurde im Oktober 2017 das Handbuch, Gemeinsame Statistik über die Mindestsicherung (Mindestsicherungsstatistik), erstellt. Als Zeitplan wurde einvernehmlich festgelegt, dass die Übermittlung der Einzeldaten, basierend auf dem neuen Statistikmodell, spätestens für das Berichtsjahr 2019 erfolgen soll.

Das Land Niederösterreich hat daher im Juni 2017 den Auftrag zum Projekt „BMS- Modul“ erteilt. Durch dieses Projekt soll u.a. eine umfassende Datenbasis geschaffen werden, um jene Daten auswerten zu können, welche zur Übermittlung an die Statistik Austria künftig notwendig sind.

Zu Frage 1 und 6):
Seit 2010 erfüllt das Land Niederösterreich seine Verpflichtungen, indem es die Daten entsprechend dem Anhang „Anlage Statistik“ zur Artikel 15a B-VG über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung übermittelt (siehe auch Ausführungen in der Einleitung).

Zu Frage 2 und 5)
Mir ist bekannt, dass eine Adaptierung der Datenbasis notwendig ist, um künftig die notwendigen Daten an die Statistik Austria übermitteln zu können. Ich unterstütze daher auch das Projekt „BMS-Modul“ um zeitgerecht die benötigten Daten zur Verfügung stellen zu können.

Zu 3) nein

Zu 4)
Das Land Niederösterreich liefert – trotz Auslaufen der Vereinbarung über eine bundesweite Bedarfsorientierte Mindestsicherung mit Ende 2016 – weiterhin die Daten an die Statistik Austria auf Basis der „Anlage Statistik“. Es liegt daher keine Missachtung der (ausgelaufenen) Vereinbarung vor.

Zu 7)
Das Land Niederösterreich wird im Rahmen des derzeitig laufenden Projektes, „BMS Modul“ auch eine valide Datenbasis für die Statistik schaffen. Da sich die Fertigstellung des Projektes durch die Ankündigung eines neuen Grundsatzgesetzes und den dadurch notwendigen Anpassungen verzögert (Zeitaufwand kann erst nach Vorliegen des Grundsatzgesetzes abgeschätzt werden), kann dies derzeit nicht beantwortet werden. Ich kann jedoch versichern, dass sobald die (neuen) gesetzlichen Rahmenbedingungen vorliegen, mit Nachdruck an der Umsetzung des Projektes „BMS-Modul“ gearbeitet wird.

Zu 8)
Im Rahmen des Projektes „BMS-Modul“ hat die Fachabteilung im Vorfeld mit Vertretern von anderen Bundesländern Kontakt aufgenommen und die beabsichtigte Umsetzung besprochen. Die im Rahmen dieses Informationsaustausches gewonnenen Erkenntnisse wurden bei der Erstellung des Projektes natürlich berücksichtigt.

Mit freundlichen Grüßen

Gottfried Waldhäusl
e.h. Landesrat

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