Betreutes Wohnen
Anfrage
der Abgeordneten Mag.a Kollermann an Landesrätin für Bildung, Familien und SozialesMag.a Teschl-Hofmeister gemäß § 39Abs. 2 LGO 2001
betreffend: Betreutes Wohnen in Niederösterreich
In den kommenden Jahrzehnten wird sich die Bevölkerungsstruktur in Österreich stark verändern. Die sogenannte Babyboomer-Generation scheidet aus dem Arbeitsmarkt aus, gleichzeitig bleibt jedoch die Geburtenrate niedrig und die Lebenserwartung steigt weiter an. Vor diesem Hintergrund ist eine Reform des derzeitigen Pflegesystems dringend notwendig. Nach Modellschätzungen des Ageing Reports 2015 der Europäischen Kommission werden sich – je nach Szenario – auch die Kosten für Pflege in den kommenden Jahrzehnten mehr als verdoppeln. Parallel zu diesem Wandel der Bevölkerungs- und Ausgabenstruktur ändern sich auch die Haushalts- und Familienstrukturen.
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, einen grundsätzlichen Systemwandel im Pflegebereich zu forcieren und politisch zu begleiten. Vor der Pflege steht oftmals ein erhöhter Bedarf an Leistungen der älteren Bevölkerung, wenn die Betroffenen nicht mehr in der Lage sind, den Alltag ohne Hilfe zu bewältigen, jedoch (noch) nicht pflegebedürftig sind. Die Betroffenen müssen wohnort- und lebensnahe Versorgung in Netzwerken von professionellen Ansprechpartner_innen im interdisziplinären Gesundheits- und Pflegebereich vorfinden können. Dadurch muss eine Verlagerung sichergestellt werden, weg von stationären Bettenburgen hin zu kleinen Einheiten sowie zum mobilen Bereich. Wenn die Betroffenen möglichst lange in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können, entspricht dies erstens deren Wünschen und ist dies auch die deutlich kostengünstigere Version der Betreuung von älteren oder pflegebedürftigen Personen.
Das wirft natürlich die Frage nach den Angeboten der Pflege und – als vorgelagerte Stufe – jenen des betreuten Wohnens auf.
Die Gefertigte stellt daher an Landesrätin für Bildung, Familien und Soziales Mag.aTeschl-Hofmeister folgende
Anfrage:
- Wie viele Projekte des betreuten Wohnens gibt es in Niederösterreich? (Bitte um Aufschlüsselung nach Standort)
- Wie hoch ist die Anzahl der Wohneinheiten bezüglich des betreuten Wohnens? (Bitte um Aufschlüsselung nach Standort)
a. Wie hoch ist die aktuelle Belegung bezüglich des betreuten Wohnens? (Bitte um Aufschlüsselung nach Standort) - Wie hoch ist die Anzahl der Personen, die sich in Einrichtungen des betreuten Wohnens befinden, welche externe Betreuung in Anspruch nehmen? (Bitte um Aufschlüsselung nach politischer Bezirk und Pflegestufe
- Werden die Gemeinden angehalten, nach bestimmen Richtlinien Standorte für das sog. „betreute Wohnen“ auszuwählen?
a. Wenn ja, welche Richtlinien sind das?
b. Wenn nein, wieso nicht? - Gibt es eine Aufschlüsselung der Mietkosten für die Standorte des sog. „betreuten Wohnens“?
a. Wenn ja, wie hoch waren diese durchschnittlichen Mietkosten pro Quadratmeter 2017? (Bitte um Aufschlüsselung nach Standort)
b. Wenn nein, wieso nicht? - In welcher Höhe gewährte das Land Niederösterreich Baukostenzuschüsse 2017 für Projekte des sog. „betreuten Wohnens“? (bitte nach Höhe und Standorten aufgeschlüsselt)
- Gibt es ein integriertes, strategisches Pflegekonzept des Landes Niederösterreich? Wenn ja
a. Über welchen Zeitraum erstrecken sich allfällig geplante Maßnahmen und welche sind das? (bitte nach politischen Bezirk und Finanzierung pro Jahr aufgeschlüsselt)
b. Welchen Stellenwert nimmt „betreutes Wohnen“ in diesem Konzept ein?
c. Woher kommen die Mittel für die Finanzierung allfälliger Maßnahmen und mit welchen laufenden Kosten wird jährlich gerechnet (wenn möglich mit Zeitachse 2018-2028)?Mag.a Edith KOLLERMANN
Beantwortung
Christiane Teschl-Hofmeister e. h.
Landesrätin
Herrn
Präsidenten des NÖ Landtages
Mag. Karl Wilfing
St. Pölten, am 11. September 2018
Sehr geehrter Herr Präsident!
Zur Anfrage der Abgeordneten Mag.a Kollermann betreffend „Betreutes Wohnen in Niederösterreich“, eingebracht am 21.8.2018, Ltg.-330/A-5/41-2018, darf ich Folgendes mitteilen:
Die Beantwortung einer Anfrage durch ein Regierungsmitglied ist durch die
NÖ Landesverfassung, die Geschäftsordnung des Landtages von NÖ sowie der Geschäftsordnung der NÖ Landesregierung vorgegeben. Diese Bestimmungen sind jedenfalls einzuhalten. Auf der Basis dieser gegebenen gesetzlichen Grundlagen darf ich daher im Rahmen meiner Zuständigkeit wie folgt Stellung nehmen:
Ein strategisches Gesamtkonzept für die Pflege- und Betreuung der älteren Menschen in Niederösterreich gibt es seit 1995. In Abständen von jeweils ca. 5 Jahren wird der NÖ Altersalmanach herausgegeben, der auf wissenschaftlicher Basis und aktuellen Prognosedaten Vorschläge für eine bedarfsgerechte Versorgung der pflegebedürftigen Menschen liefert.
Zu berücksichtigen sind für die Prognose des Pflegebedarfs vor allem vier große gesellschaftliche Trends, nämlich der demografische Wandel, der Wandel in den Lebensformen, der Wandel der gesundheitlichen Situation älterer Menschen und der Wandel in den Pflege- und Betreuungsformen. Diese Trends werden im Altersalmanach 2016 „Altwerden in Niederösterreich“ bis 2030 in Zahlen und
Perspektiven dargestellt. Dabei werden sowohl Aussagen für ganz Niederösterreich als auch für die einzelnen Bezirke getroffen und natürlich für alle Betreuungsformen getroffen.
Der Altersalmanach ist auf der Homepage des Landes Niederösterreich unter http://www.noe.gv.at/noe/Pflege/Altersalmanach_Noe.html veröffentlicht.
Mit Beschluss vom 29.6.2017 hat der Nationalrat mit Verfassungsbestimmungen (§§330a und 707a ASVG) den Entfall des Vermögensregresses bei stationärer Pflege beschlossen. Die Auswirkungen auf die Veränderung der Bedarfe konnten im aktuell vorliegenden Altersalmanach 2016 noch nicht berücksichtigt werden. Aus diesem Grunde hat der Landtag von Niederösterreich die Landesregierung mit Beschluss vom 19.10.2017 zu einer Evaluierung des Altersalmanachs aufgefordert, an der derzeit gearbeitet wird.
Die Mittel für die Finanzierung der Maßnahmen kommen aus dem Landesbudget. Maßnahmen nach dem NÖ Sozialhilfe-Gesetz werden in Höhe von 50% im Wege der so genannten „Sozialhilfe-Umlage“ durch die NÖ Gemeinden getragen.
Mit freundlichen Grüßen
Mag. Christiane Teschl-Hofmeister
e. h. Landesrätin