Die gläserne Partei wollen die etablierten Parteien nicht
Seit dem „Ibiza-Video“ ist die bis dahin behauptete Sauberkeit mancher Parteien keine allgemein geglaubte mehr. Ein Parteichef und späterer Vizekanzler ist „unter Freunden“ zu allem bereit, wenn er „gepusht“ wird. Zack, zack, zack. Bereit, der vermeintlichen Oligarchennichte Staatsaufträge zuzuschanzen. Bereit, das österreichische Wasser zu verkaufen. Bereit zu Umgehungskonstruktionen sowieso.
Auch der mittlerweile mit Sondersegen ausgestattete Ex-Kanzler Kurz ist beinahe, natürlich nur beinahe, unter Druck geraten, als offenbar wurde, dass die von seiner neuen ÖVP eingesammelten Spenden deutlich höher waren als bis dahin angekündigt, und auch noch seltsam gestückelt. Von transparenter Offenlegung, wie im Sommergespräch 2017 angekündigt, ist ohnehin keine Rede mehr: Da zieht sich das Wunderkind der Politik auf Stichtage, Grenzbeträge und die Einhaltung des Gesetzeswortlauts zurück.
Gerade jene Parteien, die seit Jahr und Tag dieses System der intransparenten Finanzierung über Vorfeldorganisationen und nahestehenden Vereinen perfektioniert haben, namentlich ÖVP, SPÖ und FPÖ, überbieten sich jetzt mit Reformvorschlägen, die nach Selbstbeschränkung klingen, ihnen jeweils aber möglichst wenig weh tun: Jene, die ohnehin keine Spenden in größerem Umfang erhalten, fordern, die Höhe der Spenden pro Person drastisch zu beschränken sowie eine absolute Spendenobergrenze. Als wäre damit das Problem gelöst.
Das Einbeziehen der Vorfeldorganisationen und nahestehenden Vereine in die Offenlegungspflicht gefällt den neuen Rittern der Transparenz nicht mehr so. Es müssen selbstverständlich auch jetzt schon Spenden und geldwerte Vorteile (Sachspenden) einer Partei durch egal wen im Rechenschaftsbericht ausgewiesen werden. Bei einer Sachspende ist man halt darauf angewiesen, dass der Spender oder die Partei diese erfasst und einmeldet
. Denn in den Büchern ist darin mangels Geldflusses auch nicht zwingend was zu finden.
Eine Tatsache bleibt medial gerne unerwähnt: Die Parteien melden nicht „irgendwelche Zahlen“, die der Rechnungshof dann eben zur Kenntnis nehmen müsse. Die Parteien haben einen von zwei unabhängigen Wirtschaftsprüfern/-prüfungskanzleien geprüften und testierten Bericht abzuliefern. Die Wirtschaftsprüfer, welche mit der Prüfung beauftragt werden, werden VOM RECHNUNGSHOF aus einem 5er Vorschlag der jeweiligen Parteien ausgewählt. Die Angebotslegung der Wirtschaftsprüfer umfasst nicht nur eine umfassende Darstellung der Unbefangenheit im Zusammenhang mit der zu prüfenden Partei, sondern auch eine sehr detaillierte Leistungsbeschreibung. Misstraut der Rechnungshof diesen Wirtschaftsprüfern?
Die Debatte ist daher vor allem eine Scheindebatte zur Beschäftigung der Medien und Ablenkung von den wirklichen Schweinereien, wenn Sie mir die deftige Ausdrucksweise erlauben.
Österreich hat die höchste Parteienförderung der Welt. Jene für Deutschland ist pro Kopf gerechnet nur ein Viertel von der österreichischen. Deutschland steht nicht im Verdacht, keine funktionierende Demokratie zu sein. Nichtsdestotrotz haben die Altparteien erst im April eine Erhöhung der Förderung ebenso wie eine Erhöhung der Grenzwerte für die Meldungen beschlossen.
Neuen und sich erst im Aufbau befindlichen Parteien soll es möglichst erschwert werden, in den demokratischen Diskurs einzusteigen. Die hohe Wahlkampfkostenobergrenze, die zudem noch von den Altparteien, die über genügend Mittel verfügen, teils heftig überschritten wurde, ist ein weiterer Wettbewerbsnachteil für die Kleinen. Der Vorarlberger ÖVP Klubchef hat vor wenigen Tagen zu einer diesbezüglichen Initiative der anderen Parteien gemeint, die Beschränkung sei absurd. Es gehe schließlich um die Information der Bürger. Und die Parteien mit hohem Stimmenanteil (ÖVP) bräuchten schließlich eine höhere Grenze als jene mit geringem (NEOS). Aha. Müssen die etwa mehr Bürger informieren als die anderen??
Was es tatsächlich braucht, ist
- das Einbeziehen der Vorfeldorganisationen und parteinahen Vereine in die Prüfung der Parteifinanzen,
- erweiterte Prüfrechte des Rechnungshofes im Verdachtsfall oder für Stichproben,
- volle Transparenz der Parteifinanzen 365 Tage im Jahr.
Echte Transparenz also. Aber dazu wird sich wohl keine Mehrheit im Parlament finden.
Fazit: „Lasst uns das System, das wir kennen, einbetonieren, denn in diesem Filz ist es uns (etablierten Parteien) immer schon am besten gegangen.“ Traurig.