Das weite Land im weiten Land …

7. April 2019

Zum heutigen Weltgesundheitstag, der im Zeichen der Allgemeinen Gesundheitsversorgung steht, ein paar Gedanken mit Schwerpunkt auf die psychische Gesundheit und den Umgang der Gesellschaft damit.

 

Die Anstieg von psychischen Erkrankungen wird als eine der größten aktuellen gesundheitlichen Bedrohungen gesehen. Depressionen, Angststörungen, Abhängigkeitserkrankungen sind die häufigsten psychischen Erkrankungen. Auch das sogenannte Burnout als Folge von Überforderung, Mobbing, dem Nicht-Gewachsen-Sein des Alltags nimmt zu, wobei Burnout keine anerkannte Diagnose ist und der Begriff nicht immer korrekt angewendet wird.

Psychische Erkrankungen sind häufig verbunden mit persönlichem Leid, das bis zur Existenzgefährdung gehen kann. Betroffene brauchen Hilfe, und das möglichst frühzeitig. Psychiater_innen, Psycholog_innen, Psychotherapeut_innen – wie sollen Betroffene sich auskennen, wohin sie sich wenden sollen? Hoffentlich erkennt der- oder diejenige überhaupt, dass Hilfe benötigt wird. Zuerst einmal eine Diagnose, dann folgt die Therapie.

Als nächstes ist die richtige Abzweigung in diesem Labyrinth von Zuständigkeiten, Verfügbarkeiten und Kostenzuschüssen zu finden. Am Beispiel der Psychotherapie: In Niederösterreich gibt es ca 1.600 Psychotherapeut_innen, davon haben ca. 320 einen Kassenvertrag und den nur über einen Verein und nicht direkt mit der Krankenkasse
. Auf einen Kassenplatz wartet man daher aktuell bis zu 6 Monate. 6 Monate ist eine lange Zeit für das Fortschreiten einer Krankheit. Eine Psychotherapiestunde kostet zwischen 80 und 120 EUR. Psychotherapie ist aber keine Therapie, die in einer Stunde wirken kann. In der Regel dauern Behandlungen je nach Erkrankung und spezifische Umstände ein Jahr und länger. Ob sich das ein Durchschnittsverdiener leisten kann, muss bezweifelt werden. Der Bundesverband für Psychotherapie fordert schon seit 2011 einen Gesamtvertrag, der aus einem bundesweit einheitlichen Rahmenvertrag mit bundesländerspezifischen Regelungen bestehen soll. Wiewohl bereits seit Jahren zugesagt, gibt es noch keine wirksamen Schritte in diese Richtung.

Die Zuschüsse der Krankenkassen, falls man einen bekommt, sind auch sehr unterschiedlich: Die NÖGKK zahlt seit kurzem 28 EUR pro Stunde dazu, die BVA 40 EUR, die Bauernkrankenkasse 50 EUR Kostenzuschuss.

Gleiches Geld für gleiche Leistung?  Wieder einmal Fehlanzeige.

Man fürchtet die Kosten, hört man unter vorgehaltener Hand. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Kosten einer verspäteten oder überhaupt zu späten Therapie volkswirtschaftlich deutlich höher sind, wie jüngste Studien eindrucksvoll belegen: Krankenstände, Reha-Gelder, Arbeitsausfall und Produktivitätsverlust, Spitalsaufenthalte, Psychopharmaka u.a. stehen Therapiekosten gegenüber. Wir haben in unserem Land noch immer nicht gelernt, in Wirkungszusammenhängen und längerfristig zu denken. Der Österreichische Bundesverband für Bundestherapie rechnet in Szenarien sogar Einsparungspotenziale in dreistelliger Millionenhöhe vor.

Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper… –  mit einer gesunden Seele, möchte man ergänzen. Ziel muss sein, dass sich Menschen, soweit das möglich ist, gesund erhalten, dass Erkrankungen frühzeitig und fachgerecht  behandelt werden und dass wir auf ein solidarisches Gesundheitssystem vertrauen können.

Was ist zu tun:

  • Einbindung der Thematik psychische Gesundheit in Präventionsmaßnahmen im Sinne des Primary Health Care Konzeptes
  • Gesamtvertrag für Psychotherapeut_innen und „Wahltherapeutensystem“ für Psychotherapeut_innen für eine flächendeckende Versorgung
  • Ausbildung und damit verbunden Qualitätssicherung auf akademischer Ebene (Bologna-System)
  • Einbinden der betroffenen Berufsgruppen und sinnvolle Vernetzung mit Ärzt_innen sowie mit sozialen Diensten
  • Zeitnahe Evaluierung der Maßnahmen

Die Seele ist ein weites Land, hat schon der Arzt und Dramatiker Arthur Schnitzler einst geschrieben
. Auch Niederösterreich ist ein weites Land. Möge die niederösterreichische Seele gesund bleiben dürfen und wir in der Politik alles dazu tun, dies mit zu ermöglichen.

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